Zellhausen - In den beiden letzten Wochen im September gehen die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises Offenbach und der Geschichts- und Heimatverein Mainhausen wieder auf Spurensuche. Auf dem Zellhügel am Ortsrand von Mainhausen-Zellhausen wird bereits zum zehnten Mal archäologisch gegraben. Auf der Fläche stand einst ein karolingischer Herrenhof, in ottonischer Zeit eine befestigte Anlage und zuletzt eine Wallfahrtskirche, die Zellkirche, die zwischen den Jahren 1816 und 1820 abgerissen wurde.
Bei der aktuellen Grabung wird ein Teil der Mauer, die das Burggelände gegen den Zeller Bruch begrenzte, freigelegt. Auch die Weiterführung eines bereits bei einer früheren Grabung entdeckten karolingischen Grabens soll untersucht werden. Dazu ist es erforderlich, den am Gelände vorbeiführenden Wiesenweg anzuschneiden. „Die Fachleute erwarten sich spannende Rückschlüsse auf die Befestigung des Burggeländes“, sagt Landrat Oliver Quilling vor Ort. „Mein Dank geht an das gesamte Team der Freiwilligen, die auch bei dieser Ausgrabung unsere beiden Kreisarchäologinnen, Gesine Weber und Dagmar Krömer, tatkräftig unterstützen.“ Die Organisation liegt in den bewährten Händen des Geschichts- und Heimatvereins Mainhausen, die Grabungsleitung hat die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises Offenbach.
Vor Ort ist mit Dr. Sophie Hüglin von der Universität Tübingen eine ausgewiesene Expertin für mechanische Mörtelmischer. Die Wissenschaftlerin wird in einem Vortrag am Montag, 26. September 2022, um 19:30 Uhr im Alten Rathaus, Rathausstraße 2 in Mainhausen-Zellhausen, auf die Funktionsweise sowie die geographische Verbreitung der Systeme, die in der Karolinger- und Ottonenzeit auf vielen Baustellen eingesetzt wurden, eingehen.
In den vergangenen Kampagnen wurden sowohl spätbronzezeitliche als auch römische und mittelalterliche Siedlungsspuren auf dem Zellhügel festgestellt. Spektakulär war im Jahr 2011 die Entdeckung eines steinernen Kellers, der mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem karolingischen Herrenhof gehörte. Die damaligen Bewohner wurden direkt an diesem Keller bestattet. Außergewöhnliche Fundstücke belegen, dass im neunten Jahrhundert der damalige Hochadel in Zellhausen verkehrte. Von besonderem Interesse ist, dass in derselben Zeit Einhard in nur drei Kilometer Entfernung das Kloster Seligenstadt gründete.
Eine weitere spektakuläre Entdeckung war, dass dieser karolingische Herrenhof im frühen zehnten Jahrhundert zu einer massiven Befestigung ausgebaut wurde. Die bautechnische Ausführung und die dendrochronologische Datierung gefundener Eichenhölzer weisen sie als eine der typischen „Heinrichsburgen“ aus. Diese wurden nach dem Reichstag von Worms im Jahr 926 nach der sogenannten Burgenbauordnung Heinrichs I. zum Schutz vor den fast jährlich in das Land einfallenden ungarischen Reiterhorden errichtet. Fraglich ist, ob die Konradiner, denen in dieser Zeit das Kloster Seligenstadt gehörte, auch die Bauherren am Zellhügel waren. Bei der letzten Grabung vor drei Jahren wurde eine ottonische Befestigungsmauer freigelegt.
Bei den früheren Grabungen wurden fast 1.400 Quadratmeter archäologisch untersucht. „Die Arbeiten sind nur möglich“, bedankt sich der Landrat bei allen Beteiligten, „weil sich viele ehrenamtlich einsetzen und kostenlos Leistungen zur Verfügung stellen. Das gilt für die unermüdlichen Mitglieder des Geschichtsvereines ebenso wie für die Ehrenamtlichen aus dem ganzen Kreisgebiet oder das ortsansässige Unternehmen, das unentgeltlich baggert. Auch die Einwilligungen von Grundstückseigentümern und Landwirten sind Voraussetzung, dass die für die mittelalterliche Regionalgeschichte äußerst bedeutende Fundstelle Jahr für Jahr untersucht werden kann.“