„Es ist etwas richtig Großes geworden“
„Es ist etwas richtig Großes geworden“

Dietzenbach - „Dietzenbach Acil Durum Topluluğu“ (kurz DADT und zu deutsch: Dietzenbacher Notlagen-Gemeinschaft) ist eine mit der Avrupasaz Musikschule gebildete zivilgesellschaftliche Initiative für humanitäre Hilfsprojekte - gegründet aufgrund der verheerenden Erdbeben am 06. Februar 2023 in der Türkei und in Syrien.

Als an diesem Tag die Erde bebte und von einem Moment auf den nächsten tausende Menschen in Not gerieten, war für eine Gruppe von Jugendlichen aus Dietzenbach das Bedürfnis zu helfen riesig. „Wo ein Wille ist - da ist auch ein Weg“, so der spontane und kraftvolle Gedanke, der den Grundstein für das humanitäre Hilfsteam bildete, das sich zunächst aus dem Helete Jugend- und Sportverein und der Avrupasaz Musikschule, sowie mittlerweile vielen weiteren ehrenamtlich Tätigen der Kreisstadt Dietzenbach und Umgebung zusammensetzt.

Nicht lange „gefackelt“

Noch am Tag der Katastrophe, am 6. Februar 2023, wurde die Sachspende-Aktion gestartet. Auch Bürgermeister Dr. Dieter Lang war kurzfristig zur Stelle und unterstützte die Aktion nach einem Einblick vor Ort durch sein Empfehlungsschreiben für die Aktion.

Die Zollformalitäten konnten noch am selben Tag geklärt werden. Die notwendigen Verfahren für die Genehmigungsdokumente der LKW-Transporte wurden ebenfalls direkt eingeleitet. So konnte sich der erste LKW aus der gesamten Region, gemäß Informationen des Zollamts Höchst, umgehend auf die Fahrt begeben.

Selbstverständlich galt es auch einen hohen bürokratischen Arbeitsaufwand zu bewältigen. Dies gelang durch die Beratung des türkischen Generalkonsulats in Frankfurt sowie des Zollamts Höchst.

Die Kosten für den LKW-Transport finanzierte die Elternschaft der Schülerinnen und Schüler der Avrupasaz Musikschule. Insgesamt sieben Transporte konnten so verwirklicht werden.

Kerngruppe von etwa 40 Aktiven – insgesamt zirka 100 Helfende

In gemeinschaftlicher Tätigkeit der DADT wurde für das ordnungsgemäße Verpacken, Sortieren und Verladen sowie Dokumentieren der vielseitigen Hilfsgüter gesorgt. Es konnten neben haltbaren Lebensmitteln, Hygieneartikeln, etc. beispielsweise 550 Fleecedecken von der Allianz-Versicherungs-AG Frankfurt a. M. sowie Wasserfiltergeräte der Marke KATADYN Group von hohem Wert akquiriert werden.

Beeindruckend ist vor allem die aktive Kerngruppe, zu der zirka vierzig Jugendliche zählen. Darüber hinaus sind weitere etwa sechzig Personen angemeldet, die bei Bedarf auf Abruf zur humanitären Hilfe bereitstehen. Koordinationsaufgaben werden gemeinsam von zehn Freiwilligen wahrgenommen.

Bürgermeister Dr. Lang vor Ort

Unlängst machte sich Bürgermeister Dr. Dieter Lang ein aktuelles Bild von der Arbeit der Mitwirkenden vor Ort. In einer Lagerhalle des Dietzenbacher Unternehmens Trans aktiv GmbH, die 1900 m² Lagerfläche misst und vom Besitzer kostenlos zur Verfügung gestellt wird, fand sich ein dauerhafter Ort zum Sammeln, Sortieren und Verladen der Hilfsgüter.

Der Rathaus-Chef zeigte sich beeindruckt von der Arbeit vor Ort und den Berichten der Aktiven aus den letzten Wochen: „Durch das prompte Tätigwerden und einem unermüdlichem Fleiß aller Beteiligten konnten schnelle Lösungen gefunden und innerhalb kürzester Zeit eine Lieferkette aufgebaut werden – allen bürokratischen Hindernissen zum Trotz. Das ist eine mehr als beachtliche Leistung.“

Kontrollierte Lieferkette bis zum Ziel

Eine Besonderheit der Initiative besteht darin, dass die Lieferkette bis zum Erreichen der Erdbebenopfer durch Aufbau eines Netzwerkes in der Türkei kontrolliert und dokumentiert wird. Mit einem siebenköpfigen Hilfsteam wurde beispielsweise am 15. März 2023 in das Erdbebengebiet geflogen und die Hilfsgüter vor Ort systematisch durch Netzwerkarbeit verteilt.

Geschenk-Aktion für Kinder und Einkaufsgutscheine für Betroffene

Vor dem Abflug in das Erbebengebiet wurde, gemeinsam mit Geschäftsleuten der Region, ein weiteres Projekt speziell für die Kinder unter den Erdbebenopfern konzipiert. Dazu wurden in Turnbeutel Schreibwaren, Spielzeuge und Schokoladen eingepackt und vor Ort verteilt.

Zeitgleich lief bereits ein weiteres Hilfsprojekt: 314 Einkaufsgutscheine der türkischen Lebensmittelkette BIM mit einem Guthaben von 400 TRY konnten durch Spenden aus dem Familienumfeld im Erdbebengebiet bereitgestellt werden.

„Eigenständig und selbstorganisiert“

Innerhalb kürzester Zeit stand die einst spontan zusammengestellte Truppe zunehmend auf professionellen Füßen: Zu Koordination, Austausch und Entwicklung wurden regelmäßige Steuerungstreffen durchgeführt. Auch ein Vorstand deren Vorsitz Sinem Tozar und Mehmet Koçer übernahmen, wurde gewählt. Ahmed Aslan und Aykut Aslan fungieren als Projektleiter. „Die eigenständige und selbstorganisierte Arbeit – ohne einen Dachverband – ist höchst beachtlich“, zeigt sich Dr. Lang beeindruckt.

Zusammenarbeit mit Lufthansa Cargo AG

Es startete eine Zusammenarbeit mit Lufthansa Cargo AG, um die Hilfsgüter in das Krisengebiet zu transportieren. Fünf Cargoflieger wurden bisher mit Hilfsgütern beladen. Durch diese Zusammenarbeit entstanden wiederum weitere wertvolle Kontakte zu Großspendern. So konnten beispielsweise 33 Europaletten mit Winterjacken für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Wert von 230 000 Euro bzw. insgesamt etwa 200 t Waren ins Krisengebiet gesendet werden.

Jüngste Aktion unlängst abgeschlossen

Das aktuellste Projekt der DADT zielte auf die Verteilung von Hilfsgütern in den Städten Gaziantep, Malatya, Adıyaman, Kahramanmaraş und Hatay ab. Ein zwölfköpfiges Team kam erst kürzlich zurück aus der Türkei, um zirka tausend Familien Hilfe in Form von Einkaufsgutscheinen zu leisten und Kindern Geschenkbeutel zu überreichen. Dies wurde durch die Unterstützung von Avrupa Çağlayanceritliler / Çağlayancerit e. V., Türk Müziği Gönül Dostları Kültür Derneği e. V., Perfect Solution GmbH Dietzenbach sowie Familienmitgliedern und Freunden der Gemeinschaftsmitglieder möglich.

Ehrenurkunde vom Kreis Offenbach

„Aus einer anfänglich kleinen Sammelaktion ist etwas richtig Großes geworden“, sagt Sinem Tozar, Vorstandsvorsitzende sowie Jungend- und Meetingverantwortliche mit berechtigtem Stolz. Und dass es auch in Zukunft nicht ruhiger wird um Avrupasaz und DADT - die bereits vom Kreis Offenbach für ihre Hilfstätigkeit im Erdbebengebiet mit einer Ehrenurkunde gewürdigt wurden - zeigt der Ausblick.

Ausblick

Weitere Aufenthalte in der Türkei sind geplant sowie die Teilnahme an Workshops und Fortbildungen. Auch ist geplant offiziell einen Verein zu gründen, der seine humanitäre Hilfe auch über die Landesgrenzen der Türkei hinaus leistet.


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