EU-Parlament plant neue und einheitliche Regeln für Lootboxen und Glücksspiel in Videospielen
EU-Parlament plant neue und einheitliche Regeln für Lootboxen und Glücksspiel in Videospielen

Europa - Das Europäische Parlament beschloss am 18.1. einen neuen Entwurf zur einheitlichen Regelung von Glücksspiel und Lootboxen in Videospielen. Ziel des Beschlusses ist es, Verbraucher besser vor süchtig machenden Mechaniken in der aufsteigenden Unterhaltungsbranche zu schützen. Das Vorhaben der EU stößt bei der Videospiel-Industrie auf starke Kritik. Man zeige sich “besorgt” über den Vorstoß der EU und sieht in dem Vorhaben einen massiven Eingriff in die bisher übliche Praxis der Unternehmen.

Umsatz und Nutzerzahlen von Videospielen stark gestiegen

Die Computer- und Videospielindustrie in Europa befindet sich bereits länger im Aufwind. Alleine 2021 setzte die Branche weltweit schätzungsweise 180 Milliarden Dollar um. Innerhalb der EU ist Deutschland der umsatzstärkste Markt, 2021 nahm die Branche hierzulande fast 9,8 Milliarden Euro ein, in ganz Europa wird der Umsatz von Videospielen für das neue Jahr 2023 auf etwa 28,93 Mrd € geschätzt. Auch die Anzahl an Konsumenten hat in den letzten Jahren stark zugenommen. 2022 spielten weltweit rund 3,2 Milliarden Menschen in ihrer Freizeit regelmäßig Videospiele, 430 Millionen davon in Europa. In Deutschland wird geschätzt, dass mittlerweile die Hälfte der Bevölkerung Computer und Videospiele konsumieren.

Die Risiken von Lootboxen, Ingame-Käufen und Glücksspiel

Ein großer Teil der Gewinne der Videospiel-Industrie kommt durch sogenannte Ingame-Käufe und Lootboxen zustande. Dabei nutzen die Entwickler solcher Videospiele oft verschiedene Techniken aus der Branche der Glücksspiele. So können neue Fahrzeuge in der Rennfahrer-Simulation Gran Turismo 7 direkt im Ingame-Shop für 2,49 € oder sogar gleich 19,99€ erworben werden. Andere Videospiele setzen auf eine indirekte Möglichkeit wie Lootboxen, sich das gewünschte Objekt für Echtgeld zu erwerben. Bei solchen Lootboxen handelt es sich um Käufe, bei denen lediglich eine Chance besteht, eines oder mehrere gewünschte digitale Gegenstände zu erhalten. Ähnlich wie bei anderen Glücksspielen ist dabei die Chance sehr gering, genau den Gegenstand zu erhalten, den man auch wirklich will. Ein besonders extremes Beispiel ist die Fußballsimulation FIFA 2022. Um sich das gewünschte Team aus digitalen Spielern zusammenzustellen, benötigt es schnell mehrere 1.000€ echter Währung. Auch das Handyspiel Diablo Immortal geriet in die Kritik, nachdem bekannt wurde, dass um seinen Spielcharakter besonders gut auszurüsten gleich mehrere 100.000€ notwendig sind und hier ist zudem keine Grenze nach oben gesetzt. Ein Spieler rechnete vor, dass um wirklich alles im Spiel Diablo Immortal auf der Maximalstufe zu haben Ingame-Käufe im Wert von einer halben Millionen Euro notwendig sind.

Besonders Kinder stehen im Kreuzfeuer 

Nicht selten zielen solche versteckten Glücksspiel-Mechaniken in Videospielen auf besonders junge Spieler ab. Wo in den meisten Ländern Europas wie auch Deutschland strenge Gesetze zum Schutze von Kinder und Jugendliche vor süchtig machenden Glücksspielen gelten, gibt es beim Thema Videospiele oftmals gar keine Regelungen. Länder wie Spanien oder die Niederlande arbeiten bereits an Gesetzen, die Lootboxen und Ingame-Käufe in Videospielen für Kinder verbieten. Nun will die EU sich dem Thema annehmen und einheitliche Regeln in den Mitgliedsstaaten erlassen. 

  • Das Europäische Parlament will den Verbraucher- und Jugendschutz stärken.
  • Lootboxen und Ingame-Käufe sollen einheitlichen Regeln unterliegen. Eindeutige Kennzeichnungen sollen Eltern und Nutzern über Glücksspiel-Mechaniken in Videospielen warnen.
  • Der Tausch von In-Game-Gegenständen über Drittanbieter-Webseiten soll gesetzlich verboten werden.
  • Bei Abonnements muss ein Opt-in-Verfahren genutzt werden, sodass Kunden eine automatische Verlängerung verhindern können.
  • Auch der Datenschutz soll verbessert werden.

Vertreter der Gaming-Industrie äußern sich „besorgt“ über die Pläne

In der Gaming-Industrie stoßen die Pläne des Europaparlaments auf heftige Kritik. Zwei der Verbände der Branche veröffentlichten eine Stellungnahme und bezeichneten den bisher geltenden Verbraucherschutz in der EU als völlig ausreichend. Weitere Verschärfungen der Gesetze sehe man als Wettbewerbsschädigend und “unnötig hart”. Man befürchte sogar, dass der Branche ein irreparabler Schaden zugefügt werden würde und Europa als Standort von Videospiel Verkäufen leiden würde. 

EU will die Videospielindustrie weiter fördern 

Trotz der offenkundigen Spannungen zwischen der EU und den großen Videospielunternehmen sieht das Europaparlament in der Branche großes Potenzial. In Zukunft plane man eine neue und nachhaltige europäische Video-Game-Strategie, um Europa als Standort für die Entwicklung von Videospielen und digitaler Unterhaltung weiter auszubauen. Zu diesem Zweck soll in erster Instanz ein eher symbolischer Schritt gegangen werden: das Einrichten einer jährlichen europäischen Videospiel-Auszeichnung. Im Rahmen dieser Preisverleihung sollen besonders innovative Spiele und Entwickler ausgezeichnet werden. Ob diese Preisverleihung alleine ausreicht, um Europa attraktiver für Entwickler zu gestalten, kann bezweifelt werden, doch es zeigt den Willen des Europaparlaments, die Branche als wichtigen Wirtschaftsfaktor anzuerkennen und zu fördern. In Zukunft sollen auch kleinere Unternehmen finanziell durch die EU gefördert und die notwendige Infrastruktur für Videospielentwickler verbessert werden.



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