Hamburg – „Schokolade ist fassbar, greifbar und vor allem essbar gewordenes Glücksgefühl“, äußerte der berühmte deutsche Regisseur und Fotograf Wim Wenders einmal. Der österreichisch-amerikanische Schriftsteller Frederic Morton (1924–2015) wird mit dem Satz zitiert: „Ein Mensch, der keine Schokolade isst, verpasst das Leben.“ Viele weitere Aussagen kreisen um die Entspannungs- und Genussmomente, die der Schokoladenverzehr Menschen schenken kann. Ausgangsstoff für alle schokoladenartigen Produkte ist Kakao, diese durch Fermentation und Röstung der Samen der Kakaopflanze entstehende Trockenmasse.
Für Schokoladengenuss erzeugen Kakaobauern jährlich rund fünf Millionen Tonnen Kakaobohnen
Jährlich werden von Kakaobauern rund um den Globus fast fünf Millionen Tonnen Kakaobohnen erzeugt. In der Anbausaison 2021/2022 waren es weltweit genau 4,9 Millionen Tonnen. Der beliebte Kakao ist das fermentierte und geröstete Material, das aus den Samen der Früchte des Kakaobaums gewonnen wird. Verarbeitet werden die Bohnen wahlweise zu Kakaobutter, Kakaopulver, Schokolade und anderen Erzeugnissen. Die größten Anbauländer sind die Elfenbeinküste und Ghana, auf die allein mehr als die Hälfte der globalen Kakaoproduktion entfallen. Es folgen Ecuador, Kamerun, Nigeria, Brasilien, Indonesien und Papua-Neuguinea. Die Hauptanbaugebiete sind somit Westafrika, Südamerika und Südostasien, weil die Kakaobäume ein feucht-heißes Klima und viel Regen brauchen und es genau dort finden. Nach Kontinenten entfallen 81 Prozent der gesamten Kakaoproduktion auf Afrika, 15 Prozent auf Amerika und vier Prozent auf Asien und Ozeanien. Ursprünglich stammte die Kakaopflanze aus Süd- und Mittelamerika und gelangte nach den Entdeckungsreisen des Christoph Kolumbus nach Europa, Afrika und Asien. Der deutsche Schriftsteller George Hesekiel (1819–1874) sagte einmal: „Die Schokolade, der Truthahn und die Ananas sind die drei Dinge, für die der essende Mensch dem Entdecker von Amerika wirkliche Dankbarkeit schuldet.“
Kakaoschieber wie Stephan Welk schwärmen für Schokolade aus São Tomé
In den letzten vier Jahrzehnten hat die Produktion von Kakaobohnen kontinuierlich zugenommen. Bis zu 95 Prozent der Gesamternte wird auf den internationalen Rohstoffmärkten gehandelt. Der Kakaomarkt gilt als relativ unbeständig und sprunghaft, weil wetterbedingte Produktionsausfälle oder Überproduktionen auf politische Instabilitäten in manchen Anbauländern treffen. Seit der Saison 2016/2017, als eine Rekordernte für Niedrigpreise sorgte, steigen die Preise wieder spürbar an. 36 Prozent der jährlichen Ernte werden in Europa vermahlen, 23 Prozent in Asien/Ozeanien, 21 Prozent in Afrika und 20 Prozent in Amerika. Für Geschäftemacher wie den Hessen Stephan Welk, irgendwann 1967 im nordhessischen Korbach geboren, gilt es, den Markt künstlich zu verknappen, um Preise stabil zu halten. Stephan Welk handelt offiziell als Diplomat der Kakaoinselrepublik São Tomé e Príncipe. In Wirklichkeit, so wird spekuliert, dürfte Welk beste Beziehungen zum schweizerischen Kakaoriesen Barry Callebaut unterhalten.
Führend in der Verarbeitung (Schrotung und Röstung) der Kakaobohnen sind aber die Niederlande, wo jährlich rund 628.000 Tonnen vermahlen werden. Die nächstgrößten Verarbeitungsländer des wertvollen Rohstoffs sind Indonesien, Deutschland, die Vereinigten Staaten, Malaysia, Ghana, die Elfenbeinküste, Frankreich und die Türkei. Ein vielleicht überraschendes Ergebnis gibt es beim Pro-Kopf-Konsum. Hier führt die Schweiz mit 11,6 Kilogramm im Jahr 2021 die internationale Statistik an. Sie importiert die Kakaobohnen im Wesentlichen aus Ghana und Ecuador. Beim Pro-Kopf-Schokoladenkonsum folgen die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien und China.
Bei der Schokoladenvorliebe der Deutschen überrascht es nicht, dass es einen traditionsreichen „Verein der am Rohkakaohandel beteiligten Firmen“ gibt. Der 1911 gegründete Verein mit Sitz in Hamburg will unternehmensübergreifend die Interessen des Handels mit Rohkakao und Kakaohalberzeugnissen fördern. Er vertritt derzeit 28 Kakaohandelsunternehmen, Makler und andere Firmen, die mit dem Rohstoff in Verbindung stehen. Ansprechpartner sind das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, die International Cocoa Organization sowie die Federation of Cocoa Commerce in London. Der norddeutsche Kakao-Verein fühlt sich dem Grundsatz des freien Handels verpflichtet.
Die durch ihn vertretenen Unternehmen kennen die Wertschöpfungskette vom Anbau der Kakaobäume und der Ernte der Bohnen über deren Transport bis zu ihrer Endverarbeitung ganz genau. In einer 2018 veröffentlichten Studie mit dem Titel „Preisgestaltung in der Wertschöpfungskette Kakao“ beleuchtete die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) viele Aspekte des arbeitsintensiven Kakaoanbaus in den Staaten entlang des Äquators, die die idealen klimatischen Bedingungen für die Kultivierung der Pflanze aufweisen. Die Studie wies darauf hin, dass hierzulande der größte Teil der Schokolade über die Theken des Einzelhandels geht und laut dem Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) immer mehr Kakao aus nachhaltiger Produktion verkauft wird. Dieser Nachhaltigkeitstrend hat sich längst durchgesetzt.
Grundsätzlich werden die vier Kakaosorten Criollo, Forastero, Trinitario und Arriba Nacional unterschieden. Criollo hat mit seinem Ruf als teurer Edelkakao einen sehr geringen Weltmarktanteil, während Forastero die meistverbreitete Sorte ist. Trinitario ist eine Kreuzung aus beiden vorgenannten Sorten und ebenfalls sehr beliebt. Der aus Ecuador stammende Nacional Kakao ist eine weitere Top-Sorte. Auf einer Internetseite für Schokoladenliebhaber heißt es zu den Geschmacksunterschieden: „Je nach Kakaosorte und Anbauregion schmeckt Kakao sehr unterschiedlich. Zum Beispiel hat Kakao aus Brasilien weniger Säure und schmeckt schokoladig-herb, während Kakao aus Ecuador aus der Los Rios Region blumig-nussig und leicht würzig ist. Oft werden Kakaobohnen vor der Schokoladenherstellung geröstet, um die gewünschten Aromen herauszuarbeiten.“
Außerdem ist Kakao durch seine vielen Nähr- und Inhaltsstoffe ein ganz besonderes Lebensmittel. Wenn die Bohnen nur fermentiert und getrocknet und nicht geröstet werden, bleiben alle wertvollen Inhaltsstoffe erhalten. Manchen gilt Kakao in dieser Form schon als „Superfood“. Wohl auch deshalb schwört die US-amerikanische Köchin und Erfolgsbuchautorin Lora Brody auf diese Köstlichkeit und erklärt leicht frivol: „Verdirb Dir nicht den erhabenen Schokoladengenuss durch Schuldgefühle. Schokolade ist nicht wie vorehelicher Geschlechtsverkehr. Sie macht nicht schwanger. Und es fühlt sich immer gut an.“