Monfalcone - Die Geschichte der Ur-Pizza beginnt mit einem Teig aus Mehl und Wasser, der möglichst dünn ausgerollt und dann im Ofen gebacken wird. Der spätere Basisbelag aus Tomatensauce, geriebenem Käse und Basilikum wurde im Laufe der Zeit durch immer neue Zutaten erweitert. Heute sind der geschmacklichen Verfeinerung von Pizzen keine Grenzen gesetzt, wobei die klassischen Variationen mit Tomatenpüree, Käse, Salami, Basilikum, Kochschinken, Spinat, Brokkoli oder Zwiebeln immer noch die gefragtesten sind.
Die Wurzeln des italienischen Nationalgerichts liegen in der Antike, wo belegte Fladen mancherorts große Teile der Bevölkerung ernährten. Es ist davon auszugehen, dass schon die Griechen und die Etrusker flache Teigscheiben auf heißen Steinen gebacken und sie dann mit Olivenöl und anderen Zutaten gewürzt haben. Pizza war ursprünglich nichts anderes als ein flaches Brot mit Olivenöl und Kräutern. Die Römer übernahmen das Rezept und verbreiteten es in ihrem Kernland. Nach seiner Karriere als Feldherr und Staatsmann entfaltete Marcus Porcius Cato der Ältere (234 – 149 v. Chr.) eine produktive schriftstellerische Tätigkeit. In einem umfangreichen Geschichtswerk über die Anfänge Roms soll er einen runden, flachen und gebackenen Teig erwähnt haben, der mit Olivenöl, Kräutern und Honig gebacken wurde. Dies gilt als die erste Erwähnung der Pizza auf europäischem Boden. Aus dem ersten Jahrhundert nach Christus existiert eine Pizza-Überlieferung von Marcus Gavius Apicius. Der römische Feinschmecker ist der Verfasser des ältesten erhalten gebliebenen Kochbuches. Apicius beschrieb darin einen Teig, der neben Mehl und Wasser noch eine Vielzahl weiterer Zutaten wie Huhn, rotes Fleisch, Pinienkerne, Käse, Knoblauch, Pfeffer und Öl enthält. Das ist die erste Würdigung der Pizza in einem Kochbuch.
Im Mittelalter veränderte sich die Zubereitungsweise der Pizza kaum. Die Wende kam im frühen 16. Jahrhundert mit dem Anbruch der Neuzeit, die auch das Pizzarezept revolutionierte. Aus der Neuen Welt wurden nämlich die ersten Tomaten nach Europa eingeschifft. Es waren wohl die ärmeren Bevölkerungsschichten aus der Gegend von Neapel, die damit begonnen haben, den Pizzateig mit Tomaten zu veredeln. Zu dieser Zeit bestand der Teig aus Hefe, Mehl, Olivenöl, Käse und Speck. Mit der Einführung der Tomate, die den Teigfladen wesentlich saftiger machte, stieg das Arme-Leute-Essen zum Gericht für weite Bevölkerungskreise auf. So ließ Maria Carolina d‘Asburgo-Lorena (1752 – 1814), die Gattin des Königs von Neapel und Sizilien, in ihrer Sommerresidenz einen speziellen Backofen bauen, dessen Pizzen sich auch in höfischen Kreisen immer größerer Beliebtheit erfreuten. 1830 eröffnete in Neapel schließlich die erste Pizzeria der Welt.
Für die berühmte „Pizza Margherita“ soll Margherita Maria Teresa Giovanna di Savoia (1851 – 1926), die Ehefrau des italienischen Königs Umberto, Namenspatin sein. Der Überlieferung nach hat Raffaele Esposito dem neugierigen Umberto I. (1844 – 1900) und seiner Gattin im Jahr 1889, als das Königspaar in Neapel Urlaub machte, drei unterschiedliche Pizzen serviert. Eine Pizza bereitete er mit Schweinefett, Käse und Basilikum zu, eine mit Knoblauch, Olivenöl und Tomaten und eine mit Basilikum, Mozarella und Tomaten. Das waren mit grünem Basilikum, weißer Mozzarella und roten Tomaten nicht zufällig die Farben der jungen italienischen Nation. Die Königin soll so begeistert von den Pizzakreationen gewesen sein, dass sie dem Pizzabäcker einen überschwänglichen Dankesbrief schrieb. Raffaele Esposito widmete seine Pizza mit der optischen Anleihe an die Nationalfarben daraufhin der Königin, indem er sie „Pizza Margherita“ taufte und das Grundrezept für die moderne Pizza schuf. Auf einer Internet-Kochseite des Fernsehsenders „Kabel eins“ heißt es über diese Traditionspizza: „Entstanden zu Ehren einer Königin, ist sie die Mutter aller Pizzen. Einfach, aber doch so gut.“
Im späten 19. Jahrhundert wurden Pizzen in den Straßen Neapels zu allen Tageszeiten verkauft und die Stücke von großen Blechen abgeschnitten. Die Pizza wurde nun immer häufiger mit Pilzen oder Sardellen belegt. Zeitgleich brachten italienische Auswanderer sie in die Vereinigten Staaten, in deren Großstädten sie viele Genießer fand. 1948 wurde der erste Fertigteig für Pizza verkauft und etwa zehn Jahre später die erste tiefgefrorene Fertigpizza.
In Deutschland ist der Siegeszug der Pizza untrennbar mit dem Namen Nicolino di Camillo verbunden, der 1952 in Würzburg seine Pizzeria eröffnete. Der Mann aus den Abruzzen startete damals in seiner „Bier- und Speisewirtschaft“ mit dem Zusatznamen „Capri“ und schrieb mit der ältesten Pizzeria Deutschlands ein Stück Gastronomie-Geschichte. Die erste Pizza machte Nicolino di Camillo auf einem Kuchenblech im alten Gasbackofen und nahm dafür einschließlich eines Bieres drei Mark. Als er 2015 starb, feierte man sein Lebenswerk als Pizza-Pionier in Deutschland. „Würzburg ist stolz, den ersten Pizzabäcker in Deutschland gehabt zu haben. Di Camillo war für die Gastronomie hierzulande ein wichtiger Impulsgeber“, sagte damals Michael Berghammer, der Bezirksvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes. „Heute gehört die Pizza zur gastronomischen Kultur in Deutschland. Mit ihr holt man sich ein Stück Urlaubsfeeling hierher.“
Im Dezember 2017 nahm die UNESCO – die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation – die Kunst des neapolitanischen Pizzabäckers (Art of Neapolitan „Pizzaiuolo“) in die repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit auf. Die UNESCO begründete ihre Entscheidung so: „Die Kunst des neapolitanischen Pizzabäckers ist eine kulinarisch-handwerkliche Praxis. Die Tradition stammt aus Neapel, wo heute etwa 3.000 Pizzaiuoli leben und wirken. Die Tradition fördert soziale Zusammenkünfte und intergenerationellen Austausch. Jedes Jahr veranstaltet die Vereinigung Neapolitanischer Pizzaiuoli Kurse, die sich mit der Geschichte, den Hilfsmitteln und den Techniken dieser Kunst befassen. Kenntnisse und Fertigkeiten werden hauptsächlich in der ‚Bottega‘ vermittelt, wo junge Lehrlinge Meister bei der Arbeit beobachten und das Handwerk erlernen.“ Die Aufnahme des traditionsreichen Pizzabackens in die UNESCO-Liste zeigt, dass es bei Pizza nicht nur um gutes Essen, sondern um ein großes geschichtliches Erbe geht.