Kreis Offenbach - Das zu Ende gehende Jahr hat den Kreis Offenbach vor große Herausforderungen gestellt und den rund 1.200 Beschäftigten ein hohes Pensum auferlegt. Insbesondere im Gefahrenabwehr- und Gesundheitszentrum, im Eigenbetrieb Rettungsdienst, in der Ausländerbehörde und im Fachdienst Jugend und Familie war eine außergewöhnliche Belastung zu spüren. „Wir hatten nach der schwierigen Zeit der Pandemie gehofft, dass sich die Lage und die Gesamtsituation in diesem Jahr entspannen, doch keine sechs Wochen nach einer eher stillen Silvesternacht waren wir durch den Angriff Russlands auf die Ukraine mit der nächsten Krise konfrontiert“, sagt Landrat Oliver Quilling. „Trotz aller Schwierigkeiten und eines temporären Ausnahmezustandes haben wir es mit viel Flexibilität und Gemeinschaftssinn geschafft, die erforderlichen zusätzlichen Angebote zu stemmen und die Fülle an Aufgaben zu meistern. Dafür danken wir allen, die sich im besonderen Maße engagiert haben“, sagen der Landrat sowie Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger und Kreisbeigeordneter Carsten Müller unisono im Jahresrückblick des Kreises Offenbach.
Die Pandemie hatte die Lage Anfang des Jahres noch fest im Griff. In den ersten Tagen nach Silvester musste der Kreis gleich mit rund 300 Neuinfektionen pro Tag negative Rekorde melden. Doch das war längst nicht die Spitze, es stellte sich heraus, dass Corona immer wieder für neue Superlative sorgte: Am 11. Februar 2022 hat die Zahl von genau 1.742 Neuinfizierten in den 13 Kommunen im Kreis alle bisherigen Statistiken in den Schatten gestellt. Mit der aufsteigenden Frühlingssonne wuchs dann aber auch die Gewissheit, dass die Impfprogramme und eine sogenannte Herdenimmunität den Krankheitsverläufen die Intensität und der Pandemie insgesamt den Schrecken nehmen können. Aus dem viel zitierten gesellschaftlichen Zusammenhalt auf Distanz entwickelte sich wieder ein persönliches Miteinander. Sport treiben, gemeinsam singen, sich bei Familienfeiern und Festen treffen, all das sorgte für eine Erleichterung, obwohl der Angriff Russlands auf die Ukraine und die Folgen mit Tod und Zerstörung seit Mitte Februar wie ein Damoklesschwert über allem hängen.
Mit Menschlichkeit empfangen
Für viele Beschäftigte in den zuständigen Fachdiensten des Kreises gab es in diesem Jahr ein Déjà-vu. In den beiden Jahren 2015 und 2016 wurden in den 13 Kommunen jeweils rund 2.000 geflüchtete Menschen überwiegend aus Afghanistan, Syrien und dem Iran aufgenommen, 2022 brachte der Kreis Offenbach insgesamt sogar 4.400 Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, davon etwa 3.000 aus der Ukraine, unter. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 zählte die Ausländerbehörde nur rund 400 Geflüchtete. „Wir brauchten relativ schnell mehr Unterkünfte und haben innerhalb von zwei Monaten in einer großen Kraftanstrengung vor allem für die Menschen aus der Ukraine 1.000 Plätze schaffen können“, so Kreisbeigeordneter Carsten Müller. Der Kreis hat es geschafft, bis zu 550 Geflüchtete in einem umgebauten Bürohaus in Neu-Isenburg sowie bis zu 450 Ukrainerinnen und Ukrainer im einstigen Parkhotel Frankfurt-Rödermark unterzubringen.
Neben drei eigenen Unterkünften in Dietzenbach, Rodgau und Seligenstadt hat der Kreis weitere 18 Objekte angemietet. Das Regierungspräsidium Darmstadt hat dem Kreis in den vergangenen Monaten rund 80 Geflüchtete pro Woche zugewiesen. Eine neue Prognose zur Entwicklung der Flüchtlingszahlen und der Zuweisungen kommt Mitte Januar 2023. „Gemeinsam mit den Kommunen suchen wir weitere Gemeinschaftsunterkünfte und vor allem bezahlbare Wohnungen. Etwa 40 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinschaftsunterkünfte sind anerkannt und könnten die Einrichtungen verlassen“, so Sozialdezernent Carsten Müller.
Im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands und der Fluchtwelle aus der Ukraine hatte der Kreis Offenbach im Sommer des Jahres eine weitere Mammutaufgabe zu stemmen: den sogenannten Rechtskreiswechsel. Flüchtlingen aus der Ukraine wird seit Juni 2022 ein Zugang zur Grundsicherung der Sozialgesetzbücher (SGB) II und XII ermöglicht. Das heißt statt Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gibt es Leistungen nach dem sogenannten Hartz-IV-Gesetz. Konkret wechselte die Zuständigkeit somit zur Pro Arbeit – Kreis Offenbach (AöR). „Ohne unnötigen Verwaltungsaufwand zu verursachen, haben wir den Zugang zur Grundsicherung geregelt und damit temporäre und faktische Versorgungslücken für Leistungsberechtigte verhindert“, betont Kreisbeigeordneter Carsten Müller. Der Sozialdezernent bezeichnet den Wechsel der Zuständigkeit als eine Herkulesaufgabe, die die Beschäftigten der Pro Arbeit ohne große Probleme gelöst haben.
Hilfe für Familien
In diesem Jahr hat sich gezeigt, dass Kinder und Jugendliche besonders stark von den Folgen der Pandemie, vom Angriffskrieg auf die Ukraine und den Krisen im Zusammenhang mit Inflation und Energiemangel betroffen sind. Die Intensität der vom Fachdienst Jugend und Familie betreuten Fälle mit multiplexen Problemlagen ist gestiegen. Hilfe benötigen vor allem alleinerziehende Eltern, Empfänger von sozialen Transferleistungen und Familien, in denen überwiegend kein Deutsch gesprochen wird. Die Fachleute registrierten eine Zunahme von ambulanten Hilfen für immer jüngere Kinder. Kindern und Jugendlichen fehlten Kontakte mit Gleichaltrigen, Sport und Bewegung, Spielen und Austausch in der Gruppe, Kultur und Reisen. Hinzu kam, dass Arbeitslosigkeit, soziale Isolation und unsichere Zukunftsperspektiven bereits bestehende soziale Ungleichheiten verschärft und die allgemeine Lebenssituation von Kindern, Jugendlichen und Familien verschlechtert haben.
„Wir stellen fest, dass die Stimmung zuhause angespannt ist und Perspektiven sowie Zukunftsvorstellungen ins Wanken geraten. Wenn jugendspezifische Lebensstile verlorengehen und Erlebnisse, die für die Bildung, Sozialisation- und Persönlichkeitsentwicklung wichtig sind, fehlen, hat das negative Folgen für die Entwicklungs- und Teilhabechancen junger Menschen“, so der Sozialdezernent Carsten Müller.
Ein weiteres Beispiel für das größer werdende Aufgabenspektrum der Kreisverwaltung sind die Fallzahlen der Alleinerziehenden, die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erhalten. Mit der Gesetzesänderung im Jahr 2017 sind Kinder nicht mehr bis zum Erreichen des zwölften Lebensjahres anspruchsberechtigt, sondern bis 18 Jahre. Statt der bisher 1.300 Alleinerziehenden, die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bekommen, sind es in diesem Jahr etwas mehr als 3.000 alleinerziehende Elternteile, die finanziell unterstützt werden. Die Ausgaben stiegen von 3,9 Millionen im Jahr 2015 auf in diesem Jahr voraussichtlich 9,2 Millionen Euro. Der Kreis zahlt 2,5 Millionen, Bund und Land das Gros. Die Einnahmen aus der Rückholung steigen, das heißt, es fließt mehr Geld von den zur Zahlung verpflichteten Elternteilen an den Kreis. In diesem Jahr sind das 1,2 Millionen Euro.
Bei Eltern wächst die Zahl des auffälligen Drogen- und Alkoholkonsums. Pandemiebedingte Symptome sind außerdem die Zunahme von Verhaltensauffälligkeiten, übermäßiger Medienkonsum sowie Bewegungsmangel und Fehlernährung. Kindeswohlgefährdungen mit Anzeichen für Vernachlässigung, Misshandlung und sexualisierte Gewalt nehmen weiter zu, deshalb sind auch mehr Hilfsangebote nötig. „Wir stehen im Kreis Offenbach mit dieser negativen Entwicklung nicht allein, doch durch unsere Sozialstruktur sind wir im besonderen Maße betroffen“, so der Hinweis des Kreisbeigeordneten Carsten Müller.
Mit Blick auf die aktuelle Krise steht das Jugendamt des Kreises vor neuen Herausforderungen und arbeitet mit großem Einsatz daran, Kinder und Jugendliche zu fördern, Eltern bei ihren Erziehungsaufgaben zu unterstützen und die Lebensbedingungen junger Menschen zu verbessern. „Als Grundlage für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung brauchen Kinder Kontakte zu Gleichaltrigen, Stabilität und verlässliche Bindungen“, betont der Sozialdezernent. Auf den steigenden Bedarf an Erziehungshilfen reagiert der Kreis unter anderem in seinem Präventionsmonitoring mit einer genauen Beobachtung der Situation der Kinder im Übergang von der Kita zur Schule sowie mit mehr präventiven Angeboten und zusätzlichen Leistungen aus dem Netzwerk „Frühe Hilfen“.
Ein Schwerpunkt des Pensums ist die Schulsozialarbeit, die der Kreis in diesem Jahr flächendeckend auf alle Schulen ausgedehnt und damit dauerhaft institutionalisiert hat. Auch an Grundschulen und Gymnasien erhalten die Kinder und Jugendlichen somit obligatorisch Unterstützung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern. Zum Schuljahresbeginn konnten bereits neue Fachkräfte ihre Arbeit an den Schulen aufnehmen. Außerdem wurden in diesem Jahr in den Bereichen Jugendarbeit, Frühe Hilfen und Übergang Kita – Grundschule in jeder Kommunen des Kreises aus dem Aktionsprogramm des Bundes „Aufholen nach Corona“ neue Projekte initiiert, um Kindern und Jugendlichen wieder mehr Räume und Möglichkeiten zur Begegnung und zum Austausch zu geben.
Vereine wieder in Schwung bringen
Das funktioniert besonders gut in den rund 280 Sportvereinen, die im Kreis Offenbach knapp 90.000 Mitglieder zählen. Auch sie haben unter Corona gelitten und mussten 3.000 Austritte hinnehmen. So beklagt etwa der Sängerkreis Offenbach im 75. Jahr seines Bestehens, dass von einst 65 Chören nach den schwierigen Jahren der Pandemie nur noch 56 übrig sind. Der Bereich Förderung des Ehrenamtes, Sport und Kultur des Kreises hat deshalb in diesem Jahr die Unterstützung der Vereine weiter verstärkt und ein umfangreiches Programm mit Seminaren, Workshops, Vorträgen, Beratungen, einem Newsletter und mit Qualifizierungskursen aufgelegt. Mit den Angeboten sollen geschwächte Vereine wieder in Schwung gebracht und insbesondere bei der Digitalisierung fit gemacht werden. Hilfe gibt es vor allem für Vereine aus dem Bereich Kultur, unter anderem auch durch den Beitritt des Kreises Offenbach zum Kulturfonds Frankfurt RheinMain, der in diesem Jahr bereits mit rund 135.000 Euro Festivals und Veranstaltungen unterstützt hat.
„In Kooperation mit dem Sportkreis Offenbach setzen wir alles daran, die verlorengegangenen Mitglieder wieder für die Vereine zu gewinnen“, sagt Landrat Oliver Quilling. Rückenwind erhalten die Vereine nicht nur beim Management, sondern auch finanziell fließt zur Unterstützung eine größere Summe denn je. Bei den Investitionen für den Sportstättenbau beziehungsweise den Zuschüssen zur Vereinsförderung zahlte der Kreis in diesem Jahr die Rekordbeträge von 300.000 und 465.000 Euro. Um die Finanzierungsprobleme der Vereine bei den Energiekosten zu lösen, überweist der Kreis außerdem in der Summe rund 100.000 Euro.
Damit Vereine im Kreis Offenbach sich im Spektrum der vielfältigen Unterstützungsangebote besser orientieren können, wurde ein „Förderwegweiser“ für Vereine erarbeitet, der einen Überblick gibt und Ansprechpersonen benennt. Der Wegweiser erläutert auch besondere Projekte und außergewöhnliche Programme, die die finanziellen Ressourcen der Vereine durch sogenannte Drittmittel stärken.
Dieses Hilfsprogramm und vor allem die Digitalisierungskampagne der Sportförderung des Kreises wurden vom Land Hessen als vorbildlich anerkannt. Der Kreis ist zur Modellregion für das Projekt „Unser Verein: Regional & Digital“ erklärt worden. In Zusammenarbeit mit der Landesehrenamtsagentur Hessen soll ein ausgewähltes Trio, bestehend aus der Turngemeinde Dietzenbach 1886, dem Geschichtsverein Egelsbach und dem Mühlheimer Karneval-Verein, von Experten lernen, wie das Internet und die Digitalisierung besser genutzt werden können. Die Vereine werden Workshops durchlaufen und durch individuelles Coaching gefördert.
Gute Nachrichten gibt es auch vom Erfolgsprojekt Jobfit 5.0, in dem junge Menschen, die in Sportvereinen aktiv sind, für eine Ausbildung fit gemacht werden. Die Stiftung ProRegion – Flughafen-Stiftung zur Förderung der beruflichen Bildung unterstützt Jobfit 5.0 mit 160.000 Euro. Im Projekt bietet die Sportförderung Vereinen unter anderem Workshops an, in denen Jugendliche eine Bewerbungsmappe erstellen oder sich auf Einstellungstests und Vorstellungsgespräche vorbereiten können. Dazu gehören auch Rhetorik-Seminare und Knigge-Kurse für angehende Azubis.
Mitte des Jahres wurde im Kreis Offenbach die Rekordmarke von 360.000 Einwohnern überschritten. Innerhalb eines Jahres sind genau 3.048 Personen zugezogen. Die steigende Tendenz stellt den Kreis vor große Herausforderungen, da für immer mehr Menschen vor allem bezahlbarer Wohnraum und Betreuungsplätze für Kinder geschaffen werden müssen. Der Kreis Offenbach ist ein wirtschaftsstarker Standort mit einer hohen Lebensqualität. Die 13 Kommunen wirken wie eine „Großstadt im Grünen“ mit attraktiven Wohnvierteln, einem breiten Spektrum an Arbeitsplätzen und vielfältigen Freizeitmöglichkeiten. All das macht den Kreis so attraktiv. Auch die gut ausgebaute Infrastruktur sorgt für wachsende Bevölkerungszahlen.
In Bildung investieren
Die Zahl der Geburten und der weniger kalkulierbare Zuzug haben insbesondere Auswirkungen auf die Schulen. Der Kreis hat in diesem Jahr mit dem neuen Schulentwicklungsplan ein Mammutprojekt auf den Weg gebracht. In dem rund 550 Seiten starken Werk wird erläutert, wie der Kreis beispielsweise auf die große Nachfrage des gymnasialen Bildungsgangs reagiert, welche Schulen erweitert werden und wo neue Ganztagsschulen entstehen. Vorgesehen sind unter anderem je eine zusätzliche Grundschule in Heusenstamm, Langen und Rodgau sowie eine weiterführende Schule in Rodgau. Die Investitionskosten lagen im Jahr 2022 bei rund 51 Millionen Euro. Geplant und gebaut wurde an 30 Schulstandorten. Die Erweiterung der Unterrichts- und Betreuungsfläche in den Schulen bleibt auch künftig ein Thema. Im Vergleich der Jahre 2016 und 2026 wird die Schülerzahl voraussichtlich um 4.516 Kinder und Jugendliche (plus 13,5 Prozent) auf dann knapp 38.200 steigen. An den Grundschulen liegt das Wachstum bei rund 19 Prozent, an den Gymnasien gar bei 30 Prozent, so die Prognose.
„Schule und Bildung genießen eine hohe Priorität. Wir investieren aber nicht nur in Beton und Stahl, um mehr Klassenzimmer, mehr Fachräume und zusätzlichen Platz für Mittagessen und Betreuung zu schaffen. Auf dem Stundenplan des Kreises steht auch Digitales Lernen mit einer ständigen Aktualisierung der Hard- und Software“, betont Landrat Oliver Quilling. Der Kreis hat im Rahmen des Förderprogramms „DigitalPakt“ alle Unterrichts-, Fach- und Containerklassenräume an 89 Schulstandorten mit WLAN ausgestattet. Rund 5.000 Laptops der Lehrkräfte und Lernenden haben ein Update erhalten. Mittels einer Fernwartungssoftware kann der Kreis bei Problemen schnell helfen. Zur Standardausstattung der Geräte gehören neben Office, eine Software zum Verbinden mit den Digitalen Tafeln und für Grundschulen Verknüpfungen zu Lernportalen. Außerdem erweitert der IT-Support permanent die Wissensdatenbank der Schulen.
Wegen der Energiekrise hat der Kreis als zweitgrößter Schulträger in Hessen für seine knapp 600 Schulgebäude ein Sparpaket verabschiedet. An Handwaschbecken bleibt das Wasser kalt, an den weiterführenden Schulen wird die Raumtemperatur in Klassenräumen auf 19 Grad und in Sporthallen auf 17 Grad abgesenkt. Außerdem sollen an den acht größten Schulen Bewegungsmelder für die Flurbeleuchtung montiert werden. Ältere Kühlgeräte in den Mensen und Küchen werden gegen energieeffizientere Geräte ausgetauscht.
Unternehmen unterstützen
Corona, die Schwierigkeiten mit Lieferketten, fehlende Fachkräfte sowie steigende Energie- und Rohstoffkosten haben auch Auswirkungen auf viele Unternehmen im Kreis Offenbach. Aus der Wirtschaft kommen unterschiedliche Nachrichten. In der aktuellen Herbststudie der DZ BANK und des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) beschreiben mittelständische Unternehmen die Lage derzeit noch als zufriedenstellend, doch die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate haben sich zum dritten Mal in Folge verschlechtert und rutschen auf ein Allzeittief. Anderseits geht aus dem jüngsten Geschäftsklimaindex des ifo Institutes in München vom November 2022 hervor, dass die Stimmung in der deutschen Wirtschaft sich gebessert und der Pessimismus mit Blick auf die kommenden Monate nachgelassen hat. Ein Grund dafür: Die Rezession könnte weniger tief ausfallen als viele erwartet haben.
Leicht gesunken ist der Kreis Offenbach in der bundesweiten wirtschaftlichen Vergleichsanalyse und zwar im Gesamtranking unter 400 Teilnehmenden von Rang 37 auf 48. Die jüngste Prognos-Studie „Zukunftsatlas 2022“ setzt den Wirtschaftsstandort Kreis Offenbach im Vergleich der 21 hessischen Landkreise und fünf kreisfreien Städte aber dennoch weit nach vorn auf den sechsten Platz. Die Fachleute attestieren den 13 Kommunen erneut hohe Zukunftschancen, die der Kreis im Wirtschaftsförderkonzept „Standort Plus“ weiterhin gemeinsam mit den Städten und Gemeinden, der IHK Offenbach und der Kreishandwerkerschaft ausbaut.
„In unserer strategischen Partnerschaft ,Wissenschaft stärkt Wirtschaft´ mit der Frankfurt University of Applied Sciences (UAS) werden wir Unternehmen und Kommunen künftig noch individueller unterstützen, um sie in der Krise zu stärken“, sagt Landrat Oliver Quilling, der sich auch im Kooperationsbeirat engagiert. „Wir haben das Ziel, Studierende und Unternehmen sowie Kommunen und die Frankfurt UAS stärker zusammenzubringen, um bei der Wirtschaftsförderung und der Akquise von Fachkräften, wie etwa für die Soziale Arbeit, Synergien zu nutzen und voneinander zu lernen“, so der Landrat.
Eine Kennzahl für die Vielfalt und Stärke der Unternehmen im Kreis Offenbach ist die Gewerbesteuereinnahme. Mit Ausnahme des zweiten Vierteljahres 2020, als es wegen der beginnenden Pandemie Kontaktbeschränkungen und einen Lockdown gab, gingen die Einnahmen und ebenso die aus dem Plus resultierenden Zahlungen der Umlagen der Kommunen an den Kreis Offenbach immer nach oben. In diesem Jahr gab es sogar einen Rekord von rund 310 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen der Städte und Gemeinden.
„Der Kreis kann 2022 zum vierten Mal in Folge einen Jahresüberschuss, dieses Mal in Höhe von rund 27 Millionen Euro, ausweisen und verfügt über ein positives Eigenkapital“, sagt Kreisbeigeordneter Carsten Müller. Der Kämmerer hält aber an der sparsamen Haushaltsführung fest, denn auf den nächsten Etat kommen die Folgen der Pandemie sowie des Ukrainekrieges zu. Der Kreis steht vor großen Herausforderungen, wie etwa Ausbau der Schulen, Sozialbereich, Digitalisierung der Verwaltung, Unterstützung von Geflüchteten oder die Verkehrswende, die mehr Zuschüsse für Bus und Bahn mit sich bringt. Da die Aufgaben des Kreises zunehmen, wird auch mehr Personal gebraucht. Diese Ausgaben sind von 61 Millionen Euro (2021) auf knapp 66 Millionen Euro in diesem Jahr gestiegen. Kreisbeigeordneter Carsten Müller sieht bei den Finanzen keine große Standsicherheit, da der Kreis nicht alle Pflichtaufgaben bezahlen kann.
Pro Arbeit setzt auf Qualifizierung und Weiterbildung
Die Veränderungen, die die Corona-Pandemie mit sich brachte, führten bei der Pro Arbeit – Kreis Offenbach (AöR) an vielen Stellen zu einem Umdenken und einer Anpassung der Handlungsstrategien an die aktuellen Gegebenheiten. Das Ende der schwierigen Phase der Pandemie brachte der Pro Arbeit keine Erleichterung, denn seit Beginn des Angriffskriegs von Russland sieht sich die Pro Arbeit mit einer Vielzahl neuer Leistungsberechtigter aus der Ukraine konfrontiert. Der Übergang der Flüchtlinge vom Asyl in den Rechtskreis SGB II konnte im Juni 2022 in der Kürze der Zeit – dank der guten kommunalen Zusammenarbeit – relativ reibungsarm organisiert werden. Die Pro Arbeit organisiert seitdem für Geflüchtete aus der Ukraine eine zielführende und bedarfsorientierte Arbeitsmarktintegration. „Erste Erfolge sind bereits ersichtlich. Wir haben bisher 400 Personen einen Platz in Integrationskursen verschafft und konnten 140 Personen in eine Beschäftigung vermitteln“, sagt Kreisbeigeordneter Carsten Müller, der als Sozialdezernent für die Pro Arbeit zuständig ist.
Die allgemeine Entwicklung der Fallzahlen bei der Pro Arbeit war bis Mai 2022 positiv. Die Anzahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten reduzierte sich um 10,5 Prozent auf 13.669. „Der Übergang der Geflüchteten aus der Ukraine in den SGB II-Bezug im Juni 2022 brachte allerdings einen schlagartigen Anstieg auf 14.815 erwerbsfähige Leistungsberechtigte, 1.146 Personen mehr innerhalb eines Monats“, erklärt Boris Alexander Berner, Vorstand der Pro Arbeit. Auch die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften stieg. Im Mai 2022 lag der Wert bei 9.442, was einem Rückgang von rund zehn Prozent gegenüber dem Vorjahreswert entspricht. Mit den Menschen aus der Ukraine zählte die Pro Arbeit dann schnell wieder 10.280 Bedarfsgemeinschaften.
Dieser Zugang macht sich bei der Arbeitslosenquote im Kreis Offenbach bemerkbar, die im November 2022 bei 4,7 Prozent und bei genau 9.058 gemeldeten Personen lag. Das sind 421 mehr als im Vorjahresmonat. „Der Arbeitsmarkt hat sich 2022 im Vergleich zum Vorjahr positiv entwickelt. Die Beschäftigung und der Stellenbestand wachsen und liegen wieder über dem jeweiligen Vorkrisenniveau“, sagt Kreisbeigeordneter Carsten Müller.
Trotz aktueller Wirtschaftskrise gibt es ausreichend Stellen, doch es fehlen qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dem Fachkräftemangel gegenüber stehen erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Bereich des SGB II, die den Anforderungen der Arbeitgeber nicht oder nur unzureichend gerecht werden können. Die Pro Arbeit konnte bis November 2022 rund 3.700 Menschen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen und Selbstständigkeit bringen, davon etwa 430 in Ausbildung. Wegen der hohen Lebenshaltungskosten führt eine Arbeitsaufnahme aber in vielen Fällen nicht zur Unabhängigkeit von Leistungen, da viele Beschäftigungen mangels entsprechender Qualifikation im Bereich des Niedriglohnsektors liegen.
Mit Blick auf das neue Bürgergeld – weg von der Prämisse der zeitnahen Arbeitsmarktintegration hin zu einem Schwerpunkt im Bereich der Qualifizierung und Weiterbildung – kann der Fachkräftemangel verringert werden. „Dafür braucht es aber eine längere Qualifizierungsphase und die Möglichkeit einer dauerhaften und bedarfsdeckenden Integration“, meint Kreisbeigeordneter Carsten Müller.
„Die Pro Arbeit sieht sich als agile Organisation, die mit allen Kräften das optimale Ergebnis für den zu betreuenden Kundenkreis erzielen möchte“, so Vorstand Boris Berner. Er hat gute Nachrichten vom Ausbau der Digitalisierung mit einer großen Vielfalt an Online-Angeboten. Die Terminanfrage via Internet wird von den Kundinnen und Kunden sehr gut angenommen. Bereits im ersten Quartal 2022 wurden die Nutzerzahlen aus dem gesamten Jahr 2021 übertroffen. Demnächst soll es möglich sein, direkt bei der zuständigen Sachbearbeitung online einen Termin zu buchen.
Neue Aufgaben mit mehr Personal
Die Kreisverwaltung ist vor genau 20 Jahren von Offenbach in das neue Kreishaus in Dietzenbach umgezogen. Flexibilität, Weiterentwicklung und Veränderungsprozesse gehören zur Kontinuität. Mit dem umfangreicheren Arbeitspensum – allein die Zahl der Wohngeldberechtigten wird sich im kommenden Jahr schätzungsweise verdreifachen – ist in der Kreisverwaltung auch eine personelle Aufstockung verbunden. Seit Januar 2021 wurden rund 280 neue Kolleginnen und Kollegen eingestellt, darunter 27 Auszubildende und Studierende. Derzeit zählt der Kreis insgesamt 1.213 Beschäftigte – Tendenz weiterhin steigend. Für sie hat die IT während der Pandemie knapp 670 Homeoffice-Arbeitsplätze eingerichtet.
Fair handeln
Viele Unternehmen im Kreis Offenbach beschäftigen sich immer intensiver mit den Themen Fairer Handel und Nachhaltigkeit. Rund 150 Firmen, vor allem aus der Gastronomie und dem Einzelhandel, haben im Kreis Offenbach mittlerweile eine Vorreiterrolle übernommen. Sie sorgen mit Blick auf ihre Waren, auf die Lieferketten und Arbeitsbedingungen in der Produktion für einen Fairen Handel und damit für eine gerechtere Welt. Der Kreis Offenbach hat im Februar 2020 vom Verein Fairtrade Deutschland erstmals das Zertifikat „Fairtrade Landkreis“ erhalten und die Auszeichnung 2022 für weitere zwei Jahre bekommen. „Die erneute Titelverleihung motiviert, weitere Unternehmen für unsere Fairtrade-Kampagne zu gewinnen. Die beteiligten Firmen und Geschäfte profitieren davon, denn immer mehr Kunden interessieren sich für Nachhaltigkeit und möchten wissen, wo die Produkte herkommen und wie sie gefertigt und gehandelt werden“, so die Erfahrung von Oliver Quilling. Zum Kreis der Fairtrade-Partner gehören im Kreis Offenbach unter anderem etliche Bildungseinrichtungen und Schulen, wie etwa die Max-Eyth-Schule in Dreieich, die Kreuzburgschule in Hainburg, die Georg-Kerschensteiner-Schule in Obertshausen sowie mit den „Kirchenmäusen“ in Dreieich-Sprendlingen, die erste Kindertagesstätte. Die Erzieherinnen und Kinder dieser Einrichtungen haben sich mit der Herkunft von Kakao und Schokolade beschäftigt und sie wissen nun, wie aus Baumwolle ein T-Shirt wird. „Auch beim Ausbau der Fairtrade-Kooperationen setzen wir auf Bildung, mit der der wichtige Schritt zu einer gesellschaftlichen Veränderung gelingen kann“, betont Landrat Oliver Quilling.
Führerschein im Scheckkartenformat
„Die Fahrerlaubnisbehörde in unserem Dienstleistungszentrum verzeichnete in diesem Jahr einen eklatanten Anstieg der Anträge auf Umstellung des Führerscheins auf Scheckkartenformat“, stellt Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger fest. Im Jahr 2021 erhielten rund 4.600 Bürgerinnen und Bürger das neue Dokument, in diesem Jahr hat sich die Zahl der Antragsteller mit knapp 11.000 mehr als verdoppelt. Insgesamt stiegen die zu bearbeitenden Fälle von 15.325 (2021) auf etwas mehr als 23.000 an. Während die Neuzulassungen in diesem Jahr auf rund 11.000 zurückgingen (2021: 14.246) stieg die Zahl der rein batteriebetriebenen Wagen von 2.568 im vergangenen Jahr auf etwas mehr als 3.800 in 2022 an. Knapp 15.500 Autos sind als Hybrid-Fahrzeuge eingestuft, also Stromer mit Verbrennungsmotor, im Jahr 2021 waren es nur 11.576. Damit liegt der Kreis Offenbach im bundesweiten Trend hin zu mehr alternativen Antriebssystemen. Das Kraftfahrtbundesamt registrierte in diesem Jahr bei den Neuzulassungen von Pkw mit alternativen Antrieben eine Steigerung von zwölf Prozent.
Mehr Mobilität – weniger Abgase
Der Kreistag hat Anfang Dezember mit der Zustimmung zum neuen Nahverkehrsplan für die nächsten Jahre den Weg zu einer fortschrittlichen Mobilität geebnet. „Die geplanten Verbesserungen des Services und Angebotes bei Bus und Bahn sowie der Ausbau von Radwegen sind ein starkes Signal in der Verkehrswende und ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz“, sagt Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger, die auch Aufsichtsratsvorsitzende der kvgOF Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach mbH ist. Die kvgOF war im Gründungsjahr 1992 für gerade einmal zwei Buslinien zuständig. Derzeit umfasst das Busnetz inklusive der Stadtbusse im Kreis insgesamt 40 Linien plus On-Demand-Verkehr mit dem kvgOF Hopper. Ziel des Nahverkehrsplans ist es, den ÖPNV attraktiver und nutzerfreundlicher zu gestalten. Im Kern geht es um Busse mit alternativem Antrieb, neue Expressbuslinien und um Taktverdichtungen im bestehenden Busnetz.
Rückenwind erhält auch der Hopper. Die ersten dieser abrufbaren Fahrzeuge führte die kvgOF bereits vor drei Jahren im Rhein-Main-Verkehrsverbund als Pionierin ein. „Der On-Demand-Verkehr läuft bereits in neun von 13 Kommunen. In den letzten vier Städten und Gemeinden des Kreises Offenbach nimmt der Hopper voraussichtlich im nächsten Jahr Fahrt auf“, sagt Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger. Derzeit kann rund die Hälfte der Kreisbevölkerung (180.000 Menschen) den Hopper nutzen. Die Zahl der Fahrgäste stieg von rund 6.000 im November 2021 auf heute fast 21.000 pro Monat.
Ein Mammutprojekt im Schienenverkehr ist die Regionaltangente West, die über den Flughafen führende Verbindung zwischen Neu-Isenburg/Dreieich und Bad Homburg. Mit den ersten Arbeiten im Bauabschnitt Süd I wurde im Frühsommer in Frankfurt begonnen. Der 16,5 Kilometer lange Abschnitt zwischen Kelsterbach und Dreieich soll voraussichtlich mit dem Fahrplanwechsel im Jahr 2027 in Betrieb gehen. „Mit der neuen Strecke rücken die großen Arbeitsplatzzentren wie etwa der Airport und der Industriepark Höchst näher an den Kreis Offenbach heran. Die Regionaltangente wird den Berufsverkehr stark entlasten“, so Claudia Jäger.
Ein ebenes Gelände und 450 Kilometer ausgeschilderte Radwege bieten im Kreis Offenbach ideale Bedingungen, um viele Wege zur Arbeit, zum Einkaufen, zur Schule oder in der Freizeit mit dem Rad zurückzulegen. „Zu einer nachhaltigen Mobilität gehören vor allem der Ausbau der Radwege sowie mehr Sicherheit durch weitere Mittelinseln auf vielbefahrenen Straßen und die Entschärfung anderer potentieller Gefahrenstellen. Mit einem besseren Radwegenetz sichern wir langfristig auch Arbeitsplätze und entwickeln innovative Marktfelder. Wir geben dem Radverkehr die zentrale Rolle in einem klimafreundlichen, flexiblen und attraktiven Nahverkehr“, betont Claudia Jäger, deren Dezernat jährlich 100.000 Euro in die Förderung der Nahmobilität und das Radfahren investiert. Beim jüngsten Treffen diskutierten die Mitglieder des Gremiums „Runder Tisch Radverkehr“ zwei Machbarkeitsstudien für neue Radschnellwege, die zwischen Hanau und der Frankfurter City sowie zwischen Seligenstadt und dem Frankfurter Flughafen verlaufen und möglichst bald realisiert werden sollen.
Gegen Rassismus und für Demokratie
Das Integrationsbüro des Kreises hat im 20. Jahr seines Bestehens mit vielen Projekten und Veranstaltungen dafür gesorgt, dass der Zusammenhalt in der Gesellschaft gestärkt wird. Der Schwerpunkt der Arbeit lag in diesem Jahr auf der Aktionsreihe „Zuhause im Kreis Offenbach – Wie du, anders als du. Aktionen gegen Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus“, die viele Menschen zusammengebracht hat. Bei Vorträgen, einem Fotowettbewerb, bei der Ausstellung „#Antisemitismus für Anfänger“ und in Workshops ging es um Identität, Orientierung, Vielfalt im gesellschaftlichen Miteinander und um die entscheidende Frage, was im Zusammenleben das Wir-Gefühl ausmacht.
Neue Impulse erhalten hat in diesem Jahr auch das Projekt „Pro Prävention – DEXT-Fachstelle Kreis Offenbach“, für das der Experte Dr. Janoš Klocke als neuer Leiter gewonnen werden konnte. Er koordiniert die Arbeit aller Fachstellen für Demokratieförderung und phänomenübergreifende Extremismusprävention (DEXT) in Hessen, die im Landesprogramm „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ gefördert werden. Konzipiert werden Projekte gegen Radikalisierungen und zur Stärkung der Demokratie in einer multikulturellen Gesellschaft, wie im Kreis Offenbach.
Dazu gehören immer mehr Familien, in denen Kinder mehrsprachig aufwachsen. Das ist einerseits eine Bereicherung, kann aber auch problematisch werden, wenn die Kommunikation in Deutsch schlecht läuft. Das Integrationsbüro fördert deshalb gemeinsam mit der pädagogischen Fachberatung des Kreises Fachkräfte in Kindertagesstätten durch inklusive Fortbildung. Diese Unterstützung für Kita-Teams wurde in diesem Jahr durch zusätzliches Personal erweitert. Bisher wurden pro Jahr Erzieherinnen in drei Betreuungseinrichtungen geschult, künftig kann diese Fortbildung in zehn Kindertagesstätten angeboten werden.
Lebensgrundlagen sichern
„In Kindertagesstätten wächst das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit“, meint Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger. Das zeigt sich in der Zusammenarbeit mit der Fairtrade-Kampagne, in verschiedenen ökologischen Projekten und beim Umweltpreis, den der Kreis Offenbach für das Engagement im Naturschutz verliehen hat. Die mit insgesamt 1.000 Euro dotierten Auszeichnungen für Kinder und Jugendliche gingen an die Kindertagesstätte „Im Grünen“ in Langen für das Projekt „Gemüsegarten, Insektenhotel und an die Max-Eyth-Schule in Dreieich für das Projekt „Schulteich, Schulgarten und weitere Flächen“. Außerdem erhielt der engagierte Naturschützer Klaus Rehwald den mit 2.500 Euro dotierten Umweltpreis. Der Dreieicher setzt sich insbesondere für die Wiederherstellung des Landschaftsschutzgebietes Baierhansenwiesen in Sprendlingen mit Naturlehrpfad sowie Lehr- und Kräutergarten ein.
In den 13 Kommunen im Kreis gibt es 33 ausgewiesene Naturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von rund 1.600 Hektar. Damit die Natur als Luftreinigerin und Ort der Naherholung geschützt wird, sorgen der Fachdienst Umwelt des Kreises sowie ehrenamtliche Kräfte in den Naturschutzverbänden dafür, dass die Flächen und der Artenreichtum erhalten bleiben.
Einer der Schwerpunkte der Arbeit waren in diesem Jahr Neuanpflanzungen im Naturdenkmal Kirchborn in Dreieich. Auf der Parzelle im Quellgebiet des Bieberbachs wurden die Lebensbedingungen der Rispenseggen verbessert und Sauergräser gesetzt. Der Kirchborn ist eines von rund 60 Naturdenkmälern im Kreis. Außerdem erfolgten umfangreiche Pflegearbeiten unter anderem am geschützten Landschaftsbestandteil Nehlsee in Jügesheim sowie am Moor bei Hausen. Einen weiteren Schwerpunkt bildete wie auch in den vergangenen Jahren die Streuobstförderung des Kreises Offenbach. Der Kreis stellte dieses Jahr knapp 12.000 Euro für die Pflanzung von knapp 200 Obstbäumen bereit.
Über Besonderheiten der Flora im Kreis sowie über Klimaveränderungen diskutierten Fachleute im September beim Hessischen Floristentag, zu dem der Kreis Offenbach und Kooperationspartner, die Naturschutzakademie des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie, die Botanische Vereinigung für Naturschutz in Hessen sowie die Wissenschaftsstadt Darmstadt, eingeladen hatten.
„Das Jahr 2022 brachte uns Krieg, Krisen und Konflikte, doch wir haben durch ein gemeinschaftliches Handeln, komplexe Aufgaben geschafft und unser Risikomanagement verbessert. Wir gehen gestärkt in den notwendigen Transformationsprozess, der vor uns liegt. Es gibt keine andere Wahl als im Sinne einer nachhaltigen Zukunft zu handeln, denn ein Weiter-So ist unverantwortlich, kostet mehr Geld und ist gegenüber der nächsten Generation ethisch nicht vertretbar“, so der Landrat. „Zu jeder Krise gehören auch Chancen, deshalb sollten wir Ängste überwinden und mit der Gewissheit nach vorn blicken, dass es besser wird. Optimismus und Motivation können nicht verordnet werden, doch ich bin mir sicher, sie entstehen im laufenden Prozess. ,Man muss seine Segel in den unendlichen Wind stellen – dann erst werden wir spüren, welcher Fahrt wir fähig sind`“, zitiert der Landrat den Jesuiten und Widerstandskämpfer Alfred Delp.