Prof. Dr. Sven Simon ist Mitglied des Europaparlaments (Quelle: CDU)
Prof. Dr. Sven Simon ist Mitglied des Europaparlaments (Quelle: CDU)


Brüssel – Im Dezember 2016 wurde Sven Simon Lehrstuhlinhaber für Völkerrecht und Europarecht mit öffentlichem Recht an der Marburger Philipps-Universität. Das ist der vorläufige Höhepunkt einer tadellosen Karriere als Rechtswissenschaftler, die der Hesse des Jahrgangs 1978 absolviert hat. An das Jurastudium an der Justus-Liebig-Universität Gießen (1999 – 2005) schloss sich eine Dissertation mit Stipendium der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung an. Es folgte das Referendariat mit Stationen in Frankfurt, Berlin, Tel Aviv und in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen in New York. 2009 promovierte Simon mit einer Arbeit über „Dienstleistungen der Daseinsvorsorge im WTO- und EU-Recht“. Von 2010 bis 2015 gehörte er dem Akademischen Rat an der Justus-Liebig-Universität an und war zudem Gastprofessor an der Law School der University of Wisconsin in Madison (USA). 2015 glänzte er mit einer Habilitationsschrift zu den „Grenzen des Bundesverfassungsgerichts im europäischen Integrationsprozess“. Bevor Simon den Ruf an die Philipps-Universität Marburg erhielt, war er noch Gastprofessor für Öffentliches Recht an der Freien Universität Berlin. 

Hochschullehrer ist ein Anhänger des freien Handels

Seit der Europawahl im Mai 2019 ist der Spitzenjurist Mitglied des Europäischen Parlaments und gehört als CDU-Mann der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) an. Prof. Dr. Sven Simon ist Mitglied des Ausschusses für internationalen Handel sowie stellvertretendes Mitglied in den Ausschüssen für konstitutionelle Fragen und Wirtschaft und Währung. Außerdem gehört er der Delegation „Arabische Halbinsel“ an. Sein erklärtes Ziel ist ein Europa der Stärke, der Werte und des Schutzes. Um zu erläutern, was er darunter versteht, holt Simon geschichtlich aus: „Es war kein Zufall, dass die Gründungsväter der europäischen Idee jene Industrien unter europäische Aufsicht stellten, die als Waffenschmieden der europäischen Nationen galten: Kohle und Stahl. 1950 ging es um die Bewahrung des Friedens und die Schaffung von Wohlstand. Heute müssen die Europäer um ihre künftige Rolle in der globalisierten Welt ringen. Es geht um einen Paradigmenwechsel von der Binnenorientierung zur Weltorientierung. Dazu müssen wir in der Welt geschlossen auftreten und die EU nach außen handlungsfähig machen.“

Die vielstimmige Kritik von EU-Skeptikern, denen er die Verbreitung von Gerüchten und Halbwahrheiten vorwirft, will er nicht gelten lassen. So würden der Europäischen Union pauschal Demokratiedefizite unterstellt und beschlossene Regulierungen als unnötige Ärgernisse dargestellt. Zudem werde oft von einer Allmacht der Lobbyisten gesprochen, die bei der EU im Hintergrund die Fäden zögen. Häufig gehe die Kritik aber an den Tatsachen vorbei. „Die Europäische Union ist nicht perfekt. Aber sie ist die einzig realistische Größe, um unsere Werte erhalten und unsere Interessen in der Welt vertreten zu können“, meint der Christdemokrat.

Um etwas gegen den real existierenden Frust über Bürgerferne und verkrustete Entscheidungsstrukturen in Brüssel und Straßburg zu tun, unterstützt Simon neue Formen der Bürgerbeteiligung. Dazu gehört die im April dieses Jahres von der EU-Kommission freigeschaltete digitale Bürgerbeteiligungsplattform zur Zukunft Europas. „Unsere europäische Demokratie lebt von der Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger. Diese Mitsprache beschränkt sich nicht alleine auf Wahlen und Petitionen an Abgeordnete“, kommentierte der 42-Jährige die Initiative. „Über die Bürgerbeteiligungsplattform hat jeder die Möglichkeit, konkrete Ideen und Anregungen einzubringen und so die Zukunft Europas in die eigene Hand zu nehmen.“ Er rufe alle Bürger dazu auf, sich auf der Plattform zu registrieren und mitzumachen, um ein breites Meinungsbild zu den wichtigen Zukunftsfragen Europas entstehen zu lassen. Die CDU/CSU-Gruppe wolle sich im Plenum der Konferenz zur Zukunft Europas nachdrücklich dafür einsetzen, dass die Vorschläge in konkrete Reformen einmünden. 

Der gebürtige Wetzlarer ist in der Corona-Pandemie auch fachpolitisch gefordert und beschäftigt sich mit der Forderung nach einer Patentfreigabe für Corona-Impfstoffe. Diese Idee hält er für puren Populismus und warnt vor einer Aufhebung des Patentschutzes, der doch erst die wichtigen Anreize für die Spitzenforschung liefere. „Den Patentschutz aufzugeben, wäre ein verheerendes Signal an all diejenigen, denen wir die Corona-Impfstoffe zu verdanken haben. Spitzenforschung braucht Anreize, und der Patentschutz und geistige Eigentumsrechte schaffen diese“, argumentiert der handelspolitische Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament. Die Forderung nach einer generellen Patentfreigabe sei ein „Lehrbuchbeispiel für Populismus“, weil eine einfache Lösung für ein schwieriges Problem vorgegaukelt werde. Das Kernproblem der Impfstoffproduktion sei ja nicht die mangelnde Bereitschaft der Erfinder, ihre Fähigkeiten zu lizensieren, sondern vielmehr das Fehlen ausreichender Produktionskapazitäten. Diese würden aber auch durch eine Freigabe aller Patente nicht zeitnah steigen. Die Debatte um eine Aufhebung des Patentschutzes hält Simon für eine politische Nebelkerze und spricht eine Mahnung aus: „Wenn Unternehmen nicht mehr darauf vertrauen können, dass Patente ihre Erfindungen wirklich schützen, legen wir die Axt an die Wurzel des medizinischen Fortschritts. Eine Aufhebung des Patentschutzes würde uns im Kampf gegen künftige Pandemien dramatisch zurückwerfen. Wenn Risikobereitschaft und Innovation nicht mehr finanziell belohnt werden, fehlt der Anreiz für private Akteure zu investieren.“

Simon, der sein Wahlkreisbüro in Gießen hat, ist ein glühender Befürworter des Freihandels. Angesichts von Klimawandel und Corona-Krise sieht er die europäische Handelspolitik vor großen Herausforderungen stehen. Deshalb begrüßte er es, dass die Europäische Union im Februar 2021 eine Aktualisierung ihrer handelspolitischen Strategie vornahm. Die Überarbeitung der Handelsstrategie komme zum richtigen Zeitpunkt, sagte der Hochschullehrer. Europas Wohlstand hänge maßgeblich vom freien Handel ab, und die EU sei nach wie vor der größte Handelspartner der Welt. Dieses Gewicht gelte es einzusetzen, um die Globalisierung nach den eigenen Standards zu gestalten. Freier Handel sei entgegen mancher Behauptung kein Nullsummenspiel, weder zwischen Staaten noch zwischen Wirtschaft und Natur, sondern erhöhe den Wohlstand aller Beteiligten. „Es ist weder dem Klima noch den Menschen geholfen, wenn Handelsverträge aufgegeben werden, die ambitionierte Nachhaltigkeitskapitel beinhalten. Daher ist es wichtig, dass die Kommission sich prinzipiell zur Ratifizierung ausstehender Abkommen, beispielsweise mit den Mercosur-Staaten bekennt“, so der Europaabgeordnete.

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