Dietzenbach - Seit dem 28. Juli „stolpern“ Menschen in Dietzenbach nun an zentralen und belebten Orten in der Stadt über etwa ein Quadratmeter große, gelb leuchtende Bodenaufkleber mit einer klaren Botschaft: „Zu viele gehen einfach über mich hinweg. Rassismus ist ein echtes Problem in Deutschland und fängt mit Vorurteilen an. Doch nur wer sie sich bewusst macht, kann sie überwinden.“ Für Dietzenbachs Erster Stadtrat Dr. Dieter Lang (SPD) sei es wichtig, immer wieder Impulse und sichtbare Zeichen zu setzen, um zum Nachdenken anzuregen und in die Diskussion zu gehen. Daher auch die Aktion mit den auffälligen, einprägsamen und leicht provozierenden Bodenaufklebern in der Stadt. "Wir gehen zu leichtfertig über Alltagsrassismus in allen Situationen hinweg. Wo auch immer wir auf andere Menschen treffen, wird häufig binnen Sekunden kategorisiert, aufgrund der Herkunft, der Hautfarbe oder anderen bestimmten Merkmalen, die wir mit dieser Zuordnung identifizieren und in Schubladen verankern“, kommentiert Lang die Aktion gegen Rassismus. Gemeinsam mit Maud Möller, Koordinatorin für Soziale Arbeit im Spessartviertel, brachte Stadtrat Lang einen von zwei Bodenaufklebern vor dem Bildungshaus an. Der andere befindet sich direkt beim Rathauseingang.
Dietzenbach will aus der Geschichte lernen
Rassismus hat viele verschiedene Facetten. Tätliche Übergriffe bis hin zum Mord sind besonders sichtbare und öffentlichkeitswirksame Zeichen für den Rassismus in unserer Gesellschaft. Auch für die Kreisstadt Dietzenbach. So ist der rassistische Anschlag in Hanau am 19.02.2020, bei welchem der Dietzenbacher Sedat Gürbüz zusammen mit acht weiteren Opfern aus dem Leben gerissen wurde, eine der Gründe für die Aktion. Auch der Fall Walter Lübcke ist ein weiteres, hessisches und tragisches Beispiel für die folgen von Rassismus und Fremdenhass. Diese Verbrechen sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Viele Menschen werden im Alltag aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Herkunft oder Religion, ihres Aussehens oder sonstiger rassistischer Zuschreibungen offen oder versteckt diskriminiert. Dies kann Sonja Hoffmann, Leiterin der Stabsstelle Integration, nach über zwölf Jahren in der Integrationsarbeit bestätigen: „Alltagsrassismus kann beim täglichen Aufeinandertreffen auf der Straße, im Arbeitsleben, beim Zugang zu Dienstleistungen und Wohnraum oder in der Schule passieren. Im Alltag entsteht Rassismus oft über Vorurteile und Stereotype, die den Blick auf die Person verdecken.“ Für die Betroffenen ist diese Erfahrung besonders verletzend. Rassismus greift die Würde des Menschen an und hat einschneidende Konsequenzen für Betroffene und unsere Gesellschaft, da die Ausgrenzung die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben einschränkt.
Erster Stadtrat Dr. Lang stellt klar: „Wir gehen auch in Alltagssituationen über Rassismus hinweg, wenn wir anderen nicht helfen, die rassistisch abgewertet werden, die Rassismus erfahren, also in Situationen, in denen eigentlich Zivilcourage gefordert wird.“ Man müsse sich Rassismus klar entgegenstellen, so sein Appell. Die Kampagne "Vorsicht, Vorurteile!" orientiert sich an einer bundesweiten Aktion vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Durch das Bundesförderprogramm "Demokratie leben!", in dem Dietzenbach seit bereits sechs Jahren vertreten ist, wurde die Finanzierung gewährleistet