Offenbach - Der Kaufhof-Konzern hat in einer Kurzmitteilung den Oberbürgermeister der Stadt Offenbach am Main, Dr. Felix Schwenke, darüber informiert, dass die Offenbacher Filiale zum 30. Juni 2023 geschlossen wird.
Als Grund werden gegenüber der Stadt die Strukturierungsmaßnahmen zur Sanierung des Unternehmens benannt. Dazu teilt der Konzern mit: „Nach eingehender Prüfung ist unsere Filiale auch mit allen denkbaren Anpassungen bzw. konzeptionellen Weiterentwicklungen des Betriebskonzeptes nicht dauerhaft hinreichend wirtschaftlich tragfähig“. Neben Offenbach werden noch 51 andere Filialen geschlossen – unter anderem in Hanau.
Unmittelbar nach Bekanntwerden der Insolvenz hatte sich OB Schwenke statt öffentlicher Appelle bereits direkt an den Deutschlandchef von Galeria gewandt. Schwenke und die Leiterin der Wirtschaftsförderung, Bozica Niermann, hatten anschließend ein Gespräch mit Miguel Müllenbach, Geschäftsführer von Galeria Deutschland. Schwenke und Niermann nutzten das Gespräch vor allem, um die Potenziale Offenbachs deutlich zu machen: Die Bevölkerung der Stadt wächst, die Anzahl der Beschäftigten am Wohnort, die sozialversicherungspflichtig sind, ist auf 56.000 angestiegen – Tendenz weiter steigend. Mit ihrem Zukunftskonzept Innenstadt hat die Stadt eine klare Strategie zur Entwicklung der Innenstadt auf den Weg gebracht. Auch auf die geplante Aufwertung und Verlagerung der Stadtbibliothek in die Fußgängerzone, die baulichen Entwicklungen rund um den Marktplatz und das neue Gutscheinprogramm der Stadt wiesen sie hin. Schwenke warb ausdrücklich dafür, Kaufhof solle am Gutscheinprogramm teilnehmen. Müllenbach versprach, dies zu prüfen, letztlich entschied sich Kaufhof aber dagegen.
Auch einen möglichen Mit-Mieter für eine Verkleinerung der Filiale hatte die Wirtschaftsförderung vorgeschlagen – durch die kurzfristige Mitteilung der Schließung konnte dieser Plan nicht mehr umgesetzt werden.
„Meine Gedanken sind heute zuerst bei den Mitarbeitenden“, so Oberbürgermeister Schwenke. „Für sie ist das ein ganz dramatischer Tag. Ich hoffe für alle, dass die gute Lage am Arbeitsmarkt dazu führt, dass sie möglichst schnell wieder andere Arbeitsplätze finden können“, so Schwenke weiter. Auch wenn man bis zuletzt sowohl im Sinne der Beschäftigten als auch für unsere Bürgerinnen und Bürger gehofft habe, dass es eine Rettung für Kaufhof in Offenbach gebe, gehe es jetzt darum, das Zukunftskonzept Innenstadt umzusetzen. Parallel werde man auch weiterhin beobachten, welche erfolgreichen Ideen andere Städte verfolgen.
„Wir haben als Stadt alles getan, was wir beeinflussen konnten, um den Standort zu retten“, so Schwenke. „Nachdem vor wenigen Tagen aber sogar das Nummer eins Premium Flaggschiff des deutschen Modehandels, Peek und Cloppenburg, Insolvenz anmelden musste, wurde auch dem Letzten klar: die Beschleunigung des Internethandels durch die Coronapandemie, die Probleme des Handels durch die Lockdowns und später die Inflation – nichts ist mehr wie es war und es wird auch nicht mehr so werden wie früher.“
Anfang Dezember nahmen OB Schwenke und die städtische Citymanagerin Birgitt Möbus dann an einem zweistündigen Video-Austausch mit Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, und Vertretern aus weiteren betroffenen Städten sowie Verbänden teil.
Der Kaufhof, wie er weiterhin bei den meisten genannt wird, gehörte zu Offenbach und viele sind mit ihm aufgewachsen. Was zukünftig mit der Immobilie passieren wird, steht derzeit noch nicht fest.
„Wir werden jetzt auf jeden Fall erneut – auch mit Ihnen hatten wir bereits Kontakt – das Gespräch mit den Immobilieneigentümern suchen. Die Filiale befindet sich in bester Lage in der Innenstadt und ist somit eine wichtige Ankerimmobilie“, so OB Schwenke.
Abschließend warf Schwenke den Blick nach vorne: „Mit dem Zukunftskonzept Innenstadt hat die Stadt eine klare Strategie zur Entwicklung der Innenstadt auf den Weg gebracht, um auf den deutschlandweiten Niedergang des Handels zu reagieren. Es braucht andere Angebote in der Innenstadt, so einfach ist die Wahrheit. Dazu gehören die baulichen Entwicklungen rund um den Marktplatz, die geplante Aufwertung und Verlagerung der Stadtbibliothek in die Fußgängerzone, perspektivisch das Grüne Band, Kooperationen mit der Hochschule für Gestaltung – und ganz kurzfristig der Bonus-Gutschein "Offenbachs großes Herz" mit dem Ziel „Treue wird belohnt“.
Zur Geschichte
1879 eröffnete Leonhard Tietz in Stralsund sein erstes eigenes Geschäft.
Bereits seit 1922 ist die Firma Tietz in Offenbach vertreten, allerdings nicht mit einem Geschäft, sondern mit einem Einkaufshaus für Lederwaren. Über die Jahre entwickelte es sich als Warenhaus weiter. Das Haus an der Frankfurter Straße wurde nach dem Krieg mehrfach umgebaut und verlor seine Sandsteinfassade. Im Jahr 1997 wurde es eine Galeria Kaufhof Filiale. Im September 2015 feierte die Offenbacher Kaufhof-Filiale ihr 85-jähriges Bestehen.
Im November 2019 gab die Geschäftsführung von Galeria Karstadt Kaufhof die Fusion von Galeria Kaufhof in die Karstadt Warenhaus AG zum 31. Januar 2020 bekannt. Ende Oktober 2022 meldete der Konzern Galeria Insolvenz an.