Die Leitstelle ‘Älterwerden’ will das Thema Demenz stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit rücken
Die Leitstelle ‘Älterwerden’ will das Thema Demenz stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit rücken

Kreis Offenbach - Die Leitstelle Älterwerden des Kreises Offenbach will das Thema Demenz stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit rücken und mehr Verständnis für die Situation Betroffener und ihrer Angehörigen schaffen. Einen Einblick in den Alltag der Betroffenen bekommen Interessierte mittels eines neuen Demenzparcours. An 13 Stationen wird erlebbar, wie sich die Symptome einer Demenz auswirken und anfühlen. Kreisbeigeordneter Carsten Müller hat den Demenzparcours am Donnerstag im Sozialzentrum „Horst-Schmidt-Haus“ der Arbeiterwohlfahrt in Heusenstamm vorgestellt.

„Der Demenzparcours wird fester Bestandteil der Arbeit der Leitstelle Älterwerden. Damit möglichst viele Menschen die Alltagssituationen der Betroffenen erleben können und spüren, welche Herausforderungen auftreten, geht der Demenzparcours auf Reisen. Die Seniorenberatungsstellen der Kommunen und andere Institutionen können den Parcours kostenlos ausleihen“, sagt der Sozialdezernent bei der Präsentation des Demenzparcours.

Aus der Statistik des aktuellen Altenplanes geht hervor, dass die Zahl der Menschen mit demenziellen Erkrankungen bis zum Jahr 2030 im Kreis Offenbach um ein Drittel auf knapp 10.000 Menschen steigen wird. Da viele Betroffene zuhause versorgt werden, nimmt auch die Zahl der Angehörigen, die mit an Demenz Erkrankten konfrontiert sind, zu. In dieser Situation sind Familien manchmal überfordert und wissen nicht, wie sie auf das veränderte Verhalten des dementiell Erkrankten reagieren sollen.

„Wer die Krankheit versteht, die Alltagsprobleme kennt und Empathie entwickelt, sorgt für mehr Lebensqualität auf beiden Seiten“, sagt Carsten Müller. Der Demenzparcours trägt zum Verständnis für die Situation Betroffener bei. Interessierte können in die unbekannte Welt von Demenzerkrankten eintauchen und an nachgestellten und mit Handicaps versehenen Alltagssituationen wie anziehen, aufräumen oder essen das eigene Unvermögen spüren. Das Ausprobieren und Nachempfinden sorgt für Grenzerfahrungen. An den Stationen entstehen die gleichen Emotionen, wie sie ein Demenzerkrankter im Alltag häufig erlebt: Ärger, Frust, Wut, Selbstzweifel. Auf der Basis der Erfahrungen und Erkenntnisse, die an den Stationen gesammelt werden, können Angehörige zuhause mehr Verständnis für die Verhaltensweisen von Demenzerkrankten mit in den Alltag bringen.

Mit Blick auf die demografische Entwicklung mit mehr Älteren sieht es Anja Breitenbach von der Leitstelle Älterwerden des Kreises Offenbach als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe an, Menschen mit Demenz und deren Angehörige stärker zu unterstützen. „Sie sollen ein Leben in Selbstbestimmung und Würde führen können“, sagt Anja Breitenbach.

Der neue Parcours kann für Interessierte ein erster Schritt auf dem Weg zu einer einfühlsamen Kommunikation mit Demenzerkrankten, im Fachjargon Validation genannt, sein. Bei dieser von der deutsch-amerikanischen Gerontologin Naomi Feil entwickelten Methode, werden desorientierte Menschen stärker respektiert, ohne sie zu beschimpfen, sie ständig zu korrigieren oder ihnen rational zu erklären, was gerade schiefgelaufen ist. „Wenn wir den Betroffenen mit mehr Wissen um die Demenz und mit Herzenswärme begegnen, ihren Weg mitgehen, statt ihnen zu widersprechen, dann wird der Alltag durch diesen wertschätzenden Umgang liebenswerter“, so der Sozialdezernent.


x