Offenbach - Mit einem Konjunkturpaket in Höhe von einer Million Euro greift die Stadt Offenbach gezielt Sport-, Migranten- und Kulturvereinen, dem lokalen Einzelhandel, der Gastronomie und dem Wochenmarkt unter die Arme, um die Folgen von Inflation und explodierenden Energiepreisen abzufedern. Auch soziale Beratungsprogramme von Caritas und Diakonie, etwa zum Energiesparen, sowie die Jobbörse für Seniorinnen und Senioren werden 2023 finanziell unterstützt.
Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke betont zur Begründung des Beschlusses: „In Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wurde durch explodierende Energiepreise die höchste Inflation seit 1951 ausgelöst. Viele Bürgerinnen und Bürger wissen daher nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen noch bezahlen sollen. Und wer kein Geld mehr hat, kann weniger Einkaufen im Einzelhandel und auf dem Wochenmarkt, er kann nicht mehr Essengehen in der Gastronomie und er überdenkt die Mitgliedschaft im Sportverein oder den Kauf der Eintrittskarte in der Kultur. Und das ist doppelt schlimm, weil Sport und Kultur ja alle auch selbst die höheren Kosten tragen müssen. Deshalb stehen Sport und Kultur ebenso wie die lokalen Gewerbetreibenden nach Corona in kurzer Zeit bereits zum zweiten Mal vor einer absolut existenziellen Herausforderung.“
Vor diesen völlig unverschuldeten negativen Entwicklungen könne und werde die Stadt nicht die Augen verschließen, betonte OB Schwenke. Bürgermeisterin Sabine Groß ergänzt: „Wie schon bei Corona müssen die großen Hilfen für die Unternehmen sowie die Bürgerinnen und Bürger von Bund und Land kommen. Aber auch die Stadt muss und wird jetzt einen Beitrag leisten, damit die unentbehrlichen Einrichtungen, die häufig vom Ehrenamt getragen werden, ebenso wie der lokale Handel und die Gastronomie eine Chance haben, diese Inflations- und Energiekrise zu überstehen.“
Für das Konjunkturpaket, das den Stadtverordneten in der kommenden Dezember-Sitzung zur Abstimmung vorgelegt wird, kann die Stadt auf eingesparte Mittel an anderer Stelle zurückgreifen. Stadtkämmerer Martin Wilhelm: „Das Geld für das Konjunkturpaket stammt aus regulär eingeplanten Mitteln der Mainarbeit. Weil die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und damit auch bei den Kosten der Unterkunft in diesem Jahr besser war als gedacht, werden diese Mittel erfreulicherweise nicht benötigt. In dieser in der Geschichte der Bundesrepublik bislang einmaligen Krise soll das Geld stattdessen genutzt werden, um den Preisschock für wichtige Einrichtungen der Stadt abzufedern und Anreize zu schaffen, um lokal einzukaufen und die örtlichen Gewerbetreibenden zu unterstützen.“
1. SPORTVEREINE (100.000 EURO)
Noch in diesem Jahr erhalten Sportvereine einen Zuschlag auf den bereits ausgezahlten Zuschuss zur Unterhaltung von Vereinsanlagen. Außerdem wird eine Aufstockung auf den ebenfalls bereits ausgezahlten Mietkostenzuschuss gewährt. Für diese beiden Maßnahmen müssen die Vereine keinen förmlichen Antrag stellen.
Erforderlich ist dagegen ein Antrag der Einrichtungen für die folgenden weiteren Leistungen: So zahlt die Stadt einen Zuschuss zu sonstigen Mehrausgaben oder Mindereinnahmen aufgrund der hohen Energiekosten (zum Beispiel bei geringeren Pachteinnahmen vom Vereinswirt). Ebenfalls kann ein Zuschuss zu energiesparenden Investitionen (zum Beispiel für die Neuanschaffung von energieeffizienten Geräten wie Kühlschränken) beantragt werden. Voraussetzung ist, dass die Investitionen a) nicht über die Sportkommission und b) nicht über die Bezuschussung der Unterhaltung von Vereinsanlagen bereits gefördert werden.
2. FREIE KULTUREINRICHTUNGEN UND KULTURVEREINE (100.000 EURO)
Die freien Kultureinrichtungen und Kulturvereine werden ebenfalls in all jenen Bereichen unterstützt, die durch einen hohen Energiebedarf geprägt sind. So erhalten die Vereine a) einen Zuschuss zu Nebenkosten für eigene oder dauerhaft gemietete Vereinsräume, b) einen Zuschuss zu Mehrkosten, die durch die Energiekrise bedingt sind, bei punktuellen Anmietungen für Veranstaltungen und c) einen Zuschuss zu außergewöhnlich hohen Kosten für Reisen, die unabdingbar mit dem Pkw oder Bus absolviert werden müssen. Zudem bietet die Stadt einen Zuschuss zu weiteren Mehrausgaben oder Mindereinnahmen an, die mit den hohen Energiekosten begründet sind.
Weiterhin wird ein Zuschuss zu energiesparenden Investitionen (zum Beispiel für die Neuanschaffung von energieeffizienten Geräten wie Kühlschränken) gewährt. Voraussetzung ist, dass die Investitionen a) nicht über die Kulturkommission und b) nicht über die Bezuschussung der Unterhaltung von Vereinsanlagen bereits gefördert werden. Bezuschusst wird für den Zeitraum 1. Oktober 2022 bis 31. März 2023.
3. KULTURELLE VEREINE VON MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN (40.000 EURO)
Auch die migrantischen Kulturvereine, die bereits seit den 1980er Jahren bei Mietzahlungen von der Stadt unterstützt werden, kämpfen mit den Folgen der Energiekrise. Weil gerade sie eine wichtige Integrationsfunktion in Offenbach einnehmen, sollen sie ebenfalls durch zielgerichtete Hilfsmaßnahmen bei energiebedingten höheren Kosten entlastet werden. Das Budget sieht hierfür 40.000 Euro vor. Details zur Beantragung werden zu einem späteren Zeitpunkt durch die Stadt bekanntgegeben.
4. EINZELHANDEL, GASTRONOMIE UND WOCHENMARKT (560.000 EURO)
Mit einer zeitlich befristeten Bonusaktion beim Kauf eines Online-Gutscheins des Marketingverbunds „Offenbachs großes Herz“ möchte die Stadt noch im ersten Quartal 2023 einen Anreiz zum Einkaufen auf dem Wochenmarkt und im Offenbacher Einzelhandel sowie zum Besuch der örtlichen Restaurants schaffen. Geplant ist, dass Kunden, die während des Aktionszeitraums online einen Einkaufsgutschein bei der Offenbacher Stadtmarketinggesellschaft (OSG) erwerben, zusätzlich für einen befristeten Zeitraum einen Bonusgutschein in Höhe von 10 Prozent der Kaufsumme erhalten. Wer zum Beispiel einen Gutschein für 100 Euro kauft, erhält zusätzlich einen Gratis-Bonusgutschein in Höhe von 10 Prozent. Beide Gutscheine können bei den teilnehmenden Händlern und Betrieben des Verbunds „Offenbachs großes Herz“ eingelöst werden. Oberbürgermeister Schwenke betont, die Stadt wolle damit Treue zu Offenbach belohnen: „Mit dieser Aktion gleichen wir für alle, die weiterhin in Offenbach einkaufen, die hohe Inflation von 10 Prozent einfach aus.“
Voraussichtlicher Start für den Online-Bonusgutschein ist Ende Februar. Der genaue Starttermin wird rechtzeitig bekannt gegeben, sobald die technischen Voraussetzungen und die vertraglichen Regelungen mit den teilnehmenden Betrieben abgeschlossen sind. Mit der neuen Aktion knüpft die Stadt an den großen Erfolg der ersten Gutschein-Sonderaktion 2021 im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets an, die schon damals strategisch absichtlich mit dem Aufbau eines Gutscheinsystems verbunden wurde, so OB Schwenke. Stadtrat Paul-Gerhard Weiß betont: „Wir möchten die Menschen erneut dazu einladen, auch in dieser Krise unsere örtlichen Gewerbetreibenden zu unterstützen. Um die entstehenden Kosten gering zu halten, setzen wir dieses Mal vorrangig auf das neue Online-System. Insgesamt stehen damit rund 420.000 Euro für die Bonusgutscheine bereit – eine Summe, die unserer Innenstadt einen Gesamtumsatz von rund vier Millionen Euro einbringen kann.“
5. UNTERSTÜTZUNG UND STÄRKUNG DER SELBSTHILFEKRÄFTE (200.000 EURO)
Als vierten Baustein sieht das Konjunkturpaket städtische Förderungen im kommenden Jahr für Angebote von Caritas und Diakonie sowie für die Jobbörse für Seniorinnen und Senioren vor. „Uns war es wichtig, auch bestehende Angebote für Beratung und Unterstützung von Menschen zu fördern, die insbesondere Menschen mit geringem Einkommen helfen können“, so Bürgermeisterin Groß. Zu den Maßnahmen zählen der Stromsparcheck, eine Beratung der Caritas zu Energiesparmaßnahmen für Bezieherinnen und Bezieher von Transferleistungen, die 2023 mit 40.000 Euro aus den Mitteln des Konjunkturpakets gefördert wird. „Die Caritas berät seit über zehn Jahren Bürgerinnen und Bürger über geeignete Maßnahmen zum Energie- und damit Geldsparen“, erläuterte Groß. Sie verwies darauf, dass der Bund die Beratung durch die Bereitstellung von kostenlosen Energie- und Wassersparartikeln fördert, nicht jedoch die Kosten für das Beratungspersonal. Sozialdezernent Wilhelm rechnet vor: „Mit der städtischen Förderung kann die Caritas eine Person für diese noch wichtiger gewordene Beratung im kommenden Jahr einstellen.“
Weitere 120.000 Euro stellt die Stadt im nächsten Jahr für den Ausbau der Allgemeinen Lebensberatung durch die Caritas und die Diakonie bereit. Beide Einrichtungen beraten Menschen in wirtschaftlicher, psychischer oder sozialer Notlage und werden bereits mit einem geringfügigen jährlichen Betrag der Stadt gefördert. Das Angebot ist nicht auf Transferleistungsbezieherinnen und -bezieher beschränkt, sondern kann von allen Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden. „Mit dem zusätzlich bereitgestellten Geld werden Verfügungsfonds eingerichtet. Damit kann Menschen kurzfristig geholfen werden, bei denen während der Beratung eine akute Notsituation festgestellt wird“, erläuterte Sozialdezernent Wilhelm.
Die jetzt geplanten Maßnahmen haben sich nach Ansicht des Magistrats bereits im ersten Konjunkturpaket während der Corona-Pandemie als wirksam erwiesen. „Jeder weiß, dass wir die grundsätzlichen Probleme nicht beseitigen können. Ziel dieses Konjunkturpakets ist es vielmehr, dem wertvollen Offenbacher Vereinsleben, dem Aushängeschild Wochenmarkt, dem Einzelhandel, der Gastronomie und besonders stark persönlich betroffenen Menschen ein wenig Zeit zu verschaffen und damit die Auswirkungen auf unser Offenbach im Rahmen unserer Möglichkeiten zu reduzieren“, so OB Schwenke abschließend.