Wien – Eigentlich könnte es für Florian Fritsch richtig gut laufen. Mit seinen Aktivitäten im Bereich ökologisches Bauen, erneuerbare Energien und Tech-Ventures liegt der Schwabe ganz im Trend der Zeit. Wirtschaften, Wohnen und Konsumieren sollen immer klimaschonender und damit nachhaltiger werden. Das erkannte Fritsch und überlegte zusammen mit Markus Fuhrmann, wie mit modernsten Technologien die Bauwirtschaft ökologisiert werden kann. 2019 gründeten beide den deutsch-österreichischen Fertighausentwickler Gropyus, der das Ziel verfolgt, mithilfe natürlicher Materialien und automatisierter Fertigungstechnologie die Baukosten bei hoher Wohnqualität gering zu halten. „Unser Fokus liegt auf Digitalisierung der Wertschöpfungskette und Nutzung nachwachsender Rohstoffe. So vereinen wir ethische Grundgedanken mit Rentabilität“, erklärten die Fachleute für Holzhybrid-Gebäude einmal auf Nachfrage. Schätzungsweise 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen im weitesten Sinne auf das Bauen, Betreiben oder Abreißen von Immobilien zurück. Die innovative Verwendung von Holz anstelle von Stahl und Beton hat Gropyus zu seinem erfolgreichen Geschäftsmodell gemacht. Die Idee, mittels Digitalisierung ressourcenschonende Fertighäuser zu bauen, hat auch das Interesse des österreichischen Wirtschaftskammerpräsidenten Harald Mahrer geweckt und ihn zur Unternehmensbeteiligung bewegt. Florian Fritsch stand mit seinem Holzbau-Start-up im Fokus mancher Wirtschaftsberichterstattung. Doch dann begann es in der Aktiengesellschaft mit Hauptsitz in Wien zu kriseln.
Florian Fritsch hat inzwischen ein Imageproblem
Im Oktober 2021 legte der frühere Rettungssanitäter mit sofortiger Wirkung sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender von Gropyus nieder. Zunächst hieß es, er wolle mehr Zeit für die Familie haben und sich um weitere Projekte im Bereich „Environmental, social, and corporate governance“ (ESG) kümmern. Doch dann hörte man, dass die Unternehmensspitze mit seiner Bauland-Akquise unzufrieden sei. „Ein besonderer Grundstücksdeal kam derweil zustande“, meldete Anfang 2022 die Wirtschaftszeitschrift „Capital“. Laut einem Sitzungsprotokoll des Aufsichtsrates habe Fritsch ein ihm gehörendes Grundstück bei Koblenz für rund neun Millionen Euro an Gropyus veräußert. Über die wahren Ausstiegsmotive des Unternehmensgründers schweigt sich das Management aus.
Inzwischen ist die Berichterstattung über den 1978 geborenen Florian Fritsch wesentlich kritischer geworden. Seine Fassade als sozial-ökologischer Vorzeige-Unternehmer bekommt gewaltige Risse. Im August 2022 schrieb das „Handelsblatt“ mit Verwunderung: „Dieser Mann beschäftigt seit 15 Jahren deutsche Gerichte – dennoch geben Investoren ihm immer wieder Geld.“ Das Fachblatt hat zum Werdegang des früheren Betreibers eines privaten Krankentransportdienstes gründlich recherchiert: „Spätestens im Jahr 2000, mit Anfang 20, wechselte Fritsch die Branche. Er stieg in den Finanzvertrieb um, verkaufte Privatanlegern sogenannte stille Beteiligungen. Es handelte sich unter anderem um fragwürdige Finanzprodukte der Göttinger Gruppe. Sie ging später spektakulär unter, die Milliardenpleite traf auch Kunden von Fritsch.“ Im Jahr 2008 wurde er deshalb von einem Investor verklagt. Die Sache landete mit dem Vorwurf der „fehlerhaften Anlageberatung“ beim Landgericht Ansbach. Der Kläger sagte, Fritsch habe das Investment als stabile und inflationssichere Geldanlage angepriesen, deren Rückzahlung zu 100 Prozent gesichert sei. Doch der Anleger erlitt einen Totalverlust und verlangte Schadenersatz. Das Ganze endete mit einem Vergleich, den Fritsch bis heute aber nicht als Eingeständnis einer Falschberatung gewertet sehen will. Stattdessen beteuert er, den Vergleich nur geschlossen zu haben, um einen aus seiner Sicht unbegründeten Rechtsstreit zügig und wirtschaftlich vernünftig zu beenden.
2009 gab es dann Probleme mit einem anderen Fritsch-Unternehmen, das Investorengelder einsammelte. Als einer der Kapitalgeber aussteigen wollte, konnte ihm nur ein Drittel der eingezahlten Summe zurückgegeben werden. Fritsch musste Schulden in sechsstelliger Höhe anerkennen. Doch auch das schien ihn nicht zu entmutigen. „2010 heuerte er als Geschäftsführer bei einer Unternehmensgruppe an, die bei Regensburg ein Geothermie-Werk errichten wollte“, weiß das „Handelsblatt“. Die Investoren des Projekts hätten bald festgestellt, dass Fritsch anders wirtschaftete als erwartet. „Der neue Chef griff in die Firmenkasse. Mit 500.000 Euro aus selbiger beglich Fritsch seine Altschulden und genehmigte sich Privatentnahmen und Darlehen.“ Der behauptet heute, dazu berechtigt gewesen zu sein. Nicht berechtigt war er jedenfalls dazu, 2011 zwei Luxusurlaube mit seiner Lebensgefährtin im Wert von 41.000 Euro mit der Firmenkreditkarte zu begleichen. Die Investoren fühlten sich betrogen und klagten. 2014 verurteilte ihn das Landgericht Regensburg wegen einer „vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung“ zu Schadenersatz. „Insgesamt liefen Forderungen in Millionenhöhe auf“, berichtet das „Handelsblatt“, dem ein Vermögensverzeichnis vom August 2015 vorliegt, das Fritsch als unfähig zur Schuldenbegleichung auswies. Der längst ins Zwielicht geratene Selbstdarsteller betonte aber, es bestünden keine Forderungen der Geothermie-Gruppe mehr.
Die Wirtschafts- und Finanzzeitung schreibt in ihrem aktuellen Beitrag von weiteren halbseidenen Finanzmanövern, die Florian Fritsch Rechtsstreitigkeiten einbrachten. Das alles konnte ihm viele Jahre nicht ernsthaft etwas anhaben, weil er als wirkliches Verkaufstalent gilt und sich an der Seite von Wirtschaftsgrößen wie Harald Mahrer gefällig zu inszenieren verstand. Inzwischen soll Mahrer den Kontakt zu ihm meiden. Medienberichte über ein Riesenvermögen schmeichelten dem Schwaben, entsprechen aber offenbar nicht im Entferntesten der Wahrheit: „Ich selbst habe nie die Behauptung aufgestellt, ich hätte ein Milliardenvermögen.“ Das „Handelsblatt“ resümiert: „Fritsch hat seine Stellungen bei dem Börsenmantel GFJ ESG und beim Bauunternehmen Gropyus aufgegeben oder verloren – je nachdem, wen man fragt. Vier Insider berichten übereinstimmend, die entscheidenden Personen hätten erst in jüngster Zeit von Fritschs juristischer Vergangenheit erfahren. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich gewesen.“
Auf seiner eigenen Internetseite wird Fritsch aber immer noch als Wohltäter gefeiert, der schwächeren und benachteiligten Menschen helfe: „Die humanitäre Hilfe liegt ihm und seiner Frau besonders am Herzen. Mit ihrer Baumann-Fritsch-Stiftung unterstützt das Ehepaar verschiedene karitative Projekte. Aktuell unterstützen sie vor allem die Seenotrettung von unzähligen Flüchtlingen im Mittelmeer. Daneben ist dem Unternehmer Florian Fritsch der Umweltschutz immer ein sehr wichtiges Anliegen.“ Was ist das? Doppelmoral?